Treffpunkt: 10:30 auf dem S Brandenburger Tor (Unter den Linden)
Dauer: ca 2 Std.
Preis inkl. Führung: 4,-€
Wir starten unseren Spaziergang auf dem S-Bahnhof Brandenburger Tor.
Man spricht hier auch von einer Gedenkstätte mit Gleisanschluss. Denn Fotos an der Wand dokumentieren Ausschnitte der Geschichte rund ums Brandenburger Tor und den Reichstag.
Der S-Bahnhof wurde am 27. Juli 1936 als vorläufige Endstation des Nord-Süd-Tunnels als Station „Unter den Linden“ eröffnet, die Aufnahme des Planverkehrs erfolgte am darauffolgenden Tag, die Fortführung der Strecke
in Richtung Potsdamer Platz drei Jahre später.
Aufgrund von Kriegseinwirkungen wurde der Verkehr am 21. April 1945 eingestellt. Eine Wiederaufnahme des Betriebes konnte allerdings erst am 2. Dezember 1947 erfolgen, da wenige Tage nach der Einstellung die
Tunneldecke unterhalb des Landwehrkanals gesprengt wurde und den Tunnel flutete – das Wasser floss teilweise auch in das Berliner U-Bahn-Netz. Bereits zwei Jahre nach der Wiedereröffnung erfolgte jedoch eine
erneute Schließung, diesmal zu Sanierungszwecken, um die letzten Flutschäden von 1945 zu beseitigen.
Mit dem Neubau des Botschaftsgebäudes der UdSSR wurde auf deren Forderung der südöstliche Eingang, der unmittelbar vor dem Gebäude liegt, geschlossen. Zwischen dem 13. August 1961 und dem 1. September 1990 hielten keine Züge am Bahnsteig, da dieser wie der gesamte Nord-Süd-S-Bahn-Tunnel dem westlichen Teilnetz zugeordnet war.
Nach der Wiedereröffnung wurden auch verschlossene und zugemauerte Zugänge – z.B. auch in Höhe der heutigen Russischen Botschaft – wieder geöffnet. Mit der Eröffnung des parallel liegenden U-Bahnhofs der Linie U 55, die ja bis 2020 mit der U 5 bis zum Alexanderplatz zusammengeführt werden soll, erfolgte die Umbenennung des S-Bahnhofs in „Brandenburger Tor“, da auf dem neuen U-Bahn-Abschnitt eine neue Station „Unter den Linden“ entstehen soll.
Wir treten jetzt hinaus auf den Pariser Platz. Der Pariser Platz wurde zwischen 1732 und 1734 bei der zweiten barocken Stadterweiterung unter Friedrich Wilhelm I. durch Philipp Gerlach angelegt. Er war anfangs nur mit Adelspalais bebaut. Der ursprüngliche Name des Platzes war – gemäß seiner Form – Viereck oder – nach dem Französischen – Quarree. Zusammen mit den zur gleichen Zeit entstandenen Plätzen Achteck oder Octogon (seit 1814 Leipziger Platz) und dem kreisförmigen Rondell (seit 1946/47 Mehringplatz) gab er die neuen südwestlichen Stadtgrenzen vor.
Anlässlich der Eroberung von Paris im Jahre 1814 erfolgte die Benennung als Pariser Platz. Um 1850 erfolgte die Erneuerung der Platzbebauung in klassizistischem Stil. 1880 gestaltete der Gartenarchitekt Hermann Mächtig den Platz selbst neu. Die infolge des zweiten Weltkrieges erheblich beschädigten Gebäude am Platz wurden bis zum Mauerbau 1961 abgetragen. Nach der Wiedervereinigung erfolgte eine Neubebauung, zum Teil aber in Erinnerung an die historische Bebauung, der wir jetzt in kurzen Repliken entgegen des Uhrzeigersinns ausgehend vom Brandenburger Tor folgen.
Das sind insbesondere;
- Ø Haus Sommer, Pariser Platz 1, 1912 bis 1935 Sitz der Bank „Hugo Oppenheim & Sohn“, seit den 1990er Jahren Commerzbank, südlich an das Tor angrenzend
- Ø Die Botschaft der Vereinigten Staaten, Pariser Platz 2 (früher: Palais Blücher)
- Ø Das Palais Wrangel, Pariser Platz 3, seit den 1990ern DZ-Bank-Gebäude am Pariser Platz,
- Ø Das Palais Arnim, Pariser Platz 4, danach Gebäude der Preußischen Akademie der Künste, in der NS-Zeit Sitz des Generalbauinspektors (G.B.I.) Albert Speer; seit den 1950er Jahren wieder Akademie der Künste
- Ø Redernsches Palais abgerissen für den Bau des Hotel Adlon (Unter den Linden 77)
- Ø Pariser Platz 4a ist seit dem 8. Mai 2006 das Hauptstadtbüro des politischen Magazins Der Spiegel und im Erdgeschoss Sitz einer Starbucks-Filiale. Seit 2016 befindet sich dort auch das private Brandenburger Tor Museum
- Ø Das Palais Beauvryé, Pariser Platz 5, seit 1835 Sitz der Französischen Botschaft, 1943 beschädigt und später abgerissen, seit dem Ende des 20. Jahrhunderts Standort des Neubaus der Botschaft Frankreichs
- Ø Eugen-Gutmann-Haus der Dresdner Bank, Pariser Platz 5a–6
- Ø Palais am Pariser Platz, Pariser Platz 6a
- Ø Das Haus Liebermann, Pariser Platz 7, nördlich an das Tor angrenzend; im Zweiten Weltkrieg zerstört, im Jahr 2000 Neubau in Anlehnung an das historische Gebäude
Auf einige dieser Gebäude und ihre Geschichte gehe ich näher ein, so auf die früheren Adelspalais Blücher, Wrangel, Arnim, Redern (bzw. dem späteren Hotel Adlon) und Beauvrye.
Dann geht es zum und durchs Brandenburger Tor selbst. Das Brandenburger Tor wurde als Abschluss der zentralen Prachtstraße der Dorotheenstadt, der Straße Unter den Linden, in den Jahren von 1789[1] bis 1793 auf Anweisung des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II. nach Entwürfen von Carl Gotthard Langhans errichtet. Die das Tor krönende Skulptur der Quadriga ist ein Werk nach dem Entwurf des Bildhauers Johann Gottfried Schadow. Das Tor ist das einzig erhaltene von zuletzt 18 Berliner Stadttoren. Mit der Errichtung der Dorotheenstadt um 1670 und deren Einbeziehung in die Stadtbefestigung Berlins entstand das erste Tor an der Stelle des heutigen Brandenburger Tores. Dieses bestand aus einem Durchbruch durch den aufgeschütteten Wall und einer Zugbrücke über den ausgehobenen Graben. Mit dem Bau der Zollmauer der Stadt Berlin wurde 1734 ein Vorgängerbau des heutigen Brandenburger Tores als Stadttor an der Straße nach Brandenburg an der Havel errichtet. Die Toranlage bestand aus zwei mit Pilastern und Trophäen geschmückten barocken Pylonen, an denen die Torflügel befestigt waren. Neben dem Schmucktor befanden sich einfache Durchgänge für Fußgänger in der Mauer, die an dieser Stelle mit Schmuckvasen verziert waren. Bereits innerhalb der Zollmauer befanden sich südlich des Tores das Gebäude für die Wache und nördlich das für die Steuerbehörde. Für den bevorstehenden Neubau des Tores wurde zuerst ab Mai 1788 das nördlich des Steuerhauses befindliche Spritzenhaus abgebrochen, um an dessen Stelle eine provisorische Umfahrung der Torbaustelle anzulegen. Der Abbruch des alten Brandenburger Tores begann anschließend im Sommer 1788.
Die Neuerrichtung des Brandenburger Tores erfolgte zur innen- und außenpolitischen Herrschaftsrepräsentation Friedrich Wilhelm II. Mit der Gestaltung des Tores nach dem Vorbild der Propyläen der Akropolis in Athen verglich sich Friedrich Wilhelm II. mit Perikles und stellte sich als Herrscher dar, der Preußen ein goldenes Zeitalter bringen würde. Perikles stand für eine kluge Bündnispolitik verbunden mit einer langen Friedenszeit und für die Vorherrschaft Athens im Attischen Seebund. Genau so wollte Friedrich Wilhelm II. wahrgenommen werden, nachdem er 1787 die Republik der Vereinigten Niederlande durch den Einmarsch preußischer Truppen gewaltsam befriedet und eine Allianz zwischen Preußen, den Niederlanden und Großbritannien herbeigeführt hatte.
Ganz in diesem Sinne war der ursprünglich für das Tor gewählte Name „Friedenstor“. Neben Friedrich Wilhelm II. sollte seine Schwester Wilhelmine von Oranien, Erbstatthalterin der Republik der Niederlande, als Friedensbringerin gepriesen werden. Sie war es, die durch ihre Taktik Friedrich Wilhelm II. zum Eingreifen in den Niederlanden bewegte und letztendlich dadurch eine Vormachtstellung Preußens in Europa herbeiführte. Der Begriff des „Friedenstores“ steht nicht im Widerspruch zur Krönung des Tores mit einer Siegesgöttin, sondern harmoniert mit der absolutistischen Herrschaftsvorstellung des 18. Jahrhunderts.
Die Quadriga ist das künstlerische Hauptschmuckwerk des Brandenburger Tores, das bereits von Langhans bei der architektonischen Ausarbeitung vorgesehen wurde. Als Vorbild diente ihm wahrscheinlich das Mausoleum von Halikarnassos – eines der Sieben Weltwunder. Mit dem Einzug der (römischen) Siegesgöttin Victoria im Streitwagen sollte der Einzug des Friedens nach Berlin dargestellt werden. Bereits im ältesten bekannten Besprechungsprotokoll über die Gestaltung der Quadriga vom 13. März 1789 wird die Göttin Victoria namentlich erwähnt. Am 13. März 1789 fand unter Leitung von Langhans eine Konferenz zur Bestimmung der Ausführung der Quadriga („Char de Triomph“), die auf dem Tor aufgestellt werden sollte, statt. Zugegen waren unter anderem der Bildhauer Johann Gottfried Schadow, der wie Langhans beim Oberhofbauamt angestellt war, und Kupferschmied Emanuel Jury. Es wurde beschlossen, dass Schadow ein Modell der Quadriga im Maßstab 1:8 anfertigen sollte. Die Pferde sollten im Original etwa 10 Fuß (3,15 m) hoch sein. Von dem Schadow’schen Modell sollte dann ein Holzmodell in Originalgröße gefertigt werden. Jury hatte die Aufgabe, das Holzmodell in eine Fassung aus Kupfer zu übertragen. Um die Herstellung der Pferde zu vereinfachen, wurde beschlossen, nur zwei Pferde in unterschiedlichen Stellungen, aber vier verschiedene Kopfhaltungen anzufertigen. Die Anfertigung der Holzmodelle wurde an die Bildhauer Johann Christoph Wohler (1748–1799) und Michael Christoph Wohler (1754–1802), Brüder aus Potsdam, vergeben. Bereits während der Ausarbeitung der Holzmodelle legte die Akademie der bildenden Künste veränderte Proportionen der Quadriga fest, nach denen die Pferde nun 12 Fuß (3,77 m) hoch werden sollten. Mitte 1793 wurde die Quadriga auf das Tor gebracht und dort verankert. Die Akademie der bildenden Künste empfahl die Quadriga nicht zu vergolden und so entschied dann auch am 11. Juli 1793 Friedrich Wilhelm II.
Auch die Reliefs und andere Ausstattungsdetails sind bis heute nachvollziehbar, da man das Tor nach 1990 einer gründlicher Rekonstruktion unterzogen hat. Die Geschichten um die mehrfache Entfernung und Wiederverbringung sowie das Drehen der Quadriga sind schon legendär. Über den Platz des 18. März geht es hinüber in den nördlichen Tiergarten. Am Simsonweg treffen wir auf das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma. Das Denkmal befindet sich in der Nähe der anderen zentralen Gedenkorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen am Großen Tiergarten, dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas, dem Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen und dem Gedenk- und Informationsort für die Opfer der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Morde. Wie diese wird das Denkmal von der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas betreut. Gestaltung, Bezeichung und Intention des Denkmals waren nicht ganz unumstritten.
Wir erreichen das Reichstagsgebäude, auch hier gibt es sicherlich einiges zu sagen, allerdings war es schon einmal Gegenstand während unserer Stadtwanderung an der Spree. Der Platz der Republik trug einst den Namen Königsplatz und gegenüber in westlicher Richtung befand sich seit 1873 die Siegessäule. 1937 im Zuge der Umgestaltung der Reichshauptstadt durch die Nazis wurde sie an den heutigen Standort auf den Großen Stern an der damaligen Charlottenburger Chaussee – heute Straße des 17. Juni – umgesetzt, diese sollte Teil der geplanten Ost-West-Magistrale der „Welthauptstadt Germania“ werden.
Dort wo sich links von der „Waschmaschine“, dem Bundeskanzleramt, ein Wäldchen auszubreiten scheint, stand einst der ebenso repräsentative Bau der Krolloper. Doch zunächst geht es in Richtung des nunmehr erkennbaren Turms des „Carillon“. Auf das sowjetische Ehrenmal im Tiergarten hatte ich schon einmal hingewiesen. Auch darauf, dass der Tiergarten nach dem Ende des zweiten Weltkrieges fast vollkommen entwaldet und zum Teil für den Gemüse- und Kartoffelanbau genutzt wurde. Der einzige Baum in diesem Teil des Parks ist die „Lenné-Eiche“ nahe dem Carillon, dem anlässlich der 750-Jahr-Feier Berlins errichteten Glockenturm. Vielleicht bekommen wir ja etwas vom Schlagwerk mit.
In dieser Gegend finden sich auch zahlreiche Steinskulpturen, diese gehen auf ein internationales Symposium von Bildhauern im Winter 1961/62 zurück, womit man künstlerisch auf den Bau der Berliner Mauer unweit reagieren wollte.
Hier – an einem Ruheplatz – wird auch auf Tafeln ausführlich die Geschichte der Krolloper, vom Ausflugsetablissement über eine künstlerisch innovative und bemerkenswerte Institution hin zum Ersatzsaal der Nazis für den beschädigten Reichstag, hingewiesen. 1957 wurde die Ruine dann entfernt.
Rund ums „Tipi am Kanzleramt“ geht es zum Haus der Kulturen der Welt, einst 1957 zur Internationalen Bauausstellung ein „Geschenk“ der Amerikaner als „Kongresshalle“ für die Frontstadt. Nun geht es am Spreebogen entlang, das Bundeskanzleramt und mehrere Brücken passierend, unsere seinerzeitige Wanderung führte gegenüber entlang. Zur Geschichte um die „Lehrter Bahnhöfe“ und den Hauptbahnhof gibt es auch etwas, Ben Wagins „Parlament der Bäume“ wird gewürdigt, ohne dass wir hineingehen können, und parallel zum Postenweg, der hier auch der alten Begrenzung der Friedrich-Wilhelm-Stadt und mit ihr der Charité folgte geht es zur Invalidenstraße und dem Berlin-Hamburger Bahnhof.
Der Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal mit einem Abstecher auf den Invalidenfriedhof wird später einmal Gegenstand eines Spaziergangs sein.