12.3.18 Bösemüllers Stadtspaziergänge Die Straßen Berlins Heute: Die Kastanienallee zwischen Prenzlauer Berg und Mitte

Treff: auf dem U-Bahnhof Eberswalder Straße (U 2) 10:30

Dauer ca. 2 Std.

Preis: 4,-€

 

„Erwin Bösemüller“ entführt Sie in alle Ecken und Enden Berlins. Unser Bummel führt durch die Kastanienallee beginnend am nördlichen Ende, „Ecke Schönhauser“, gleich mehrfach ein Stichwort für Filmgeschichte, geht vorbei am „Prater“, an alten Höfen und neuen Läden, und schon wieder legendärer Geschichte als Flanier- und Castingmeile, schließlich die Schwedter Straße querend, jetzt schon in „Mitte“…

Wir treffen uns auf dem U-Bahnhof Eberswalder Straße. Die Hochbahngesellschaft hatte ihn am 27. Juli 1913 unter dem Namen „Danziger Straße“ eröffnet. Im Jahr 1905, drei Jahre nach Inbetriebnahme der ersten Hochbahnstrecke Berlins forderte die damals noch selbstständige Landgemeinde Pankow einen Anschluss an das Netz. Nach Ausarbeitung eines konkreten Linienverlaufs wurde im März 1910 die Genehmigung zum Weiterbau der Centrumslinie vom U-Bahnhof Spittelmarkt aus über den Alexanderplatz und entlang der Schönhauser Allee bis zum Nordring genehmigt.

Ursprünglich wollte man unterirdisch bauen, das hätte jedoch die Grundstückspreise exorbitant in die Höhe getrieben, so dass man daher die Hochbauvariante – wie auch in Schöneberg- wählte.

Aus Kostengründen blieb man auch bis Ende der 20er Jahre bei der Führung bis zum Nordring, dem heutigen Bahnhof Schönhauser Allee. Die schon anfangs von Pankow geforderte Durchbindung bis ins Pankower Zentrum (also z.B. Pankow, Kirche) kam bis heute nicht zustande.

1950 wurden Straße und Bahnhof nach Georgi Dimitroff benannt, dem 1949 verstorbenen bulgarischen KP-Chef, der in der DDR vor allem auch wegen seines Auftritts im Reichstagsbrandprozess geehrt wurde, während seiner Rolle als einer der engsten Verbündeten Stalins keine Rolle spielte.

Nach der Wende sollte eine Rückbenennung der gesamten Dimitroffstraße erfolgen. Die damaligen (Ost-)Berliner Verkehrsbetriebe (BVB), die sich dementsprechend an den Beschluss zu halten hatten, gingen daher schon 1990 den Umweg und benannten die Station kurzerhand nach der Eberswalder Straße, der westlichen Verlängerung der Dimitroff- bzw. Danziger Straße. Der Name setzte sich nur langsam durch, zum Teil sprechen die Anwohner im Ortsteil immer noch vom „U-Bahnhof Dimitroffstraße.

Wie auch immer, der Berliner spazierte unter dem „Magistratsschirm“ genannten Viadukt und pünktlich mit der Fertigstellung der Bahn über Nordring hinaus 1930 eröffneten Max und Charlotte Konnopke den heute noch bestehenden legendären Imbiss.

Unser weiterer Weg durch die Kastanienallee ist von etlichen historischen Bauten, die überwiegend noch aus dem letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts bestanden. Auch in der Eberswalder sehen wir kurz noch einige mit zum Ensemble gehörende Gebäude. Manches ist auch ein wiederhergestelltes Kleinod, so der Fourage-Hof, das Grundstück des Prater, die Messiaskapelle, in die selbst wir leider nicht hineinkommen, einige Fabrikgebäude auf Höfen, auch einiges Beachtliche in Nebenstraßen wie der „Oderberger“ und der „Schwedter“…

Blicken wir zurück in die Geschichte der markanten und bekannten Straße:

Es war der Grundbesitzer Wilhelm Griebenow, der 1826 eine Allee in Verlängerung des Weinbergswegs anlegen und mit Rosskastanien anlegen ließ. Er stellte damit eine Verbindung zur Chaussee nach Pankow-Schönhausen, der späteren Schönhauser Allee, her, über die schon einst Goethe bei seinem einzigen Berlin-Besuch gefahren ist, als es ihn hinaus nach Tegel zog…

Am nördlichen Ende der Kastanienallee wurde Kinogeschichte geschrieben, wobei es hier nicht um den bekannten Film „Berlin Ecke Schönhauser“ geht, der hier 1957 gedreht wurde. 65 Jahre zuvor drehte hier ein gewisser Max Skladanowsky seinen Bruder Emil bei gymnastischen Übungen im Atelier, die wohl erste Filmaufnahme der Weltgeschichte überhaupt, die allerdings im Original verschollen ist. Und 1896 drehte er dann von oben aus seiner Dachluke erstmals die Straßenkreuzung, damals noch ohne Hochbahn.

Und dass sich mit dem „Lichtblick“ ein kleines Programmkino im ältesten Gebäude der Straße befindet, in der Kastanienallee 77 1852/53 vom Dampfsägewerksbesitzer Arnheim erbaut, das Vorderhaus nach anderen Angaben bereits 1848, passt zum historischen Nimbus der Straße. Natürlich auch der Prater, dessen Geschichte wir ja schon bei unserer Schönhauser Allee-Runde am 19. Dezember 2016 gestriffen haben.

An Griebenow erinnert heute noch eine Straße, die uns „hinten herum“ von der „Schwedter“ zur Zionskirche führt, wo wir nun doch zu einer kleinen Besichtigung eingeladen sind.

Wie schon unterwegs an konkreter Stelle wird hier das Leben und Wirken von Dietrich Bonhoeffer gewürdigt. Die Zionskirche entstand hier oben 1873, weil die Elisabethkirche sich auf Dauer als zu klein erwies. Der

Architekt des vom preußischen König und späteren deutschen Kaiser Wilhelm I. als Votivkirche gestifteten Baus ist August Orth. Aus Dankbarkeit, einem Attentat in Baden-Baden entgangen zu sein, stiftete im Jahr 1861 der damalige König und spätere Kaiser Wilhelm I. 10.000 Reichstaler für den Bau einer Kirche in dem damals noch zur St.-Elisabeth-Gemeinde gehörenden, aber im Zuge des Baus des Wilhelminischen Rings schon dicht besiedelten Gebiet. Nach einigen Auseinandersetzungen zwischen dem Berliner Konsistorium und dem Magistrat v on Berlin konnte 1866 mit dem Bau begonnen werden. Wegen Geldmangel ruhten die Bauarbeiten ab Ende 1868, doch eine weitere Stiftung des Königs ermöglichte 187 2 die Fertigstellung der Bauarbeiten. Die Kirche ist im Stil der Neoromanik errichtet, als Backstein-Terrakotta-Bau im Stil des Berliner Historismus mit gelben Blendsteinen aus der Cement- und Tonwarenfabrik Hermsdorf. Sie hatte 1424 Sitzplätze, 562 davon auf der Empore. Die Baukosten (ohne Grundstück und Bauleitung) lagen bei 37 3.364 Mark (kaufkraftbereinigt in heutiger Währung: rund 2.613.000 Euro). Am 2. März 1873 wurde die Zionskirche in Gegenwart des Kaisers durch Generalsuperintendent Bruno Brückner feierlich eingeweiht.

Näheres, auch zur Rolle dieser Kirche in der ausgehenden DDR-Zeit vielleicht während der kleinen Führung oder im Nachgang.

Abschließend gibt es – wieder zurück auf der Kastanienallee – mehrere Möglichkeiten zum Einkehren und Aufwärmen.

Die Zionskirche steht auf dem höchsten Punkt des alten Berlin auf dem „Gipfel“ des einstigen Weinbergs. Hierher kehren wir ja in diesem Jahr zum Thema „Berliner Weinberge“   noch einmal her.

Man könnte zu Fuß oder mit der Straßenbahn zum U-Bahnhof Eberswalder zurückkehren oder den Weinberg hinunter zum U-Bahnhof Rosenthaler Platz oder weiter zum S-Bahnhof Hackeschen Markt gelangen (Tram M1).

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