3.5.18 Zur Baumblüte nach Werder (Havel) und Umgebung

Zwischen Bahnhof, Kesselberg/Friedrichshöhe, Großer Plessowsee, Glindow, Elisabethhöhe

Treffpunkt/Start: Werder (Havel), Bahnhof 10:19 (Anfahrt RE 1 Richt. Brandenburg/Havel, ab Ostkreuz 9:24…). Ich erwarte Sie zur Abfahrt in Ostkreuz oder am Gleis 3 in Werder (Havel). Bitte keine Glasflaschen mitführen!

Wegstrecke 6,5 km bis nach Elisabethhöhe , Rastmöglichkeiten zwischendurch und am Ende (Obstwein müsste aber jeweils selbst gezahlt werden); abschließend ca. 1,2 km zur Bushaltestelle

Rückfahrt stündlich 14:18, 15:18, 16:18 ab Glindow, Elisabethhöhe (Berlin C), an Werder, Post .32, Werder Bahnhof .36, RE 1 ab Werder H., Bahnhof 14:42, 15:42, 16:42 an Ostkreuz 15:37, 16:37, 17:37
oder ab Werder Post mit Bus 631 z.B. 16:02 (mind. im 20’-Takt) bis Potsdam Hbf. an 16:37, von dort per S 7…

(falls man sich in Werder(H) noch mal selbst aufhalten möchte oder wegen Transport des Mitgebrachten, denn das Glasflaschenverbot gilt offiziell auch für die Rückfahrt mit der Bahn ab Werder/H und wird gelegentlich vor Betreten des Bahnsteigs kontrolliert)

Preis inklusive Führung 5,-€; Fahrkosten (ggf. Tageskarte Berlin ABC) und Verpflegung individuell

Quellen:

http://www.werder-havel.de/content/baumbluete/baumbluete_geschichte.php

https://www.werder-internet.de/Artikel/Chronisten/1682

Eigene Recherchen

 

Jedes Jahr im Frühling zieht es zigtausende Menschen, vor allem aus Berlin und Umgebung nach Werder (Havel) zum Baumblütenfest. In einem alten Heimatführer hieß es:…

„Ein kleines märkisches Inselstädtchen, umspült von den bald aufgeregten, bald spiegelglatten Wassern der seenartig verbreiterten Havel, umsäumt von einem Hügelkranz bewaldeter Höhen, über die zweimal im Jahr der Schnee fällt; im Winter das Geriesel Frau Holles: im Frühjahr der weiße, weiche Flaum zur Erde getragener Blütenträume.“ 

Dieses Jahr soll es das 139. sein. Stimmt nicht ganz – es ist immerhin aber 139 Jahre her, da die Durchführung eines solchen beschlossen wurde…
In der Vorstandssitzung des Obstzüchtervereins am 13. März 1879 brachte Wilhelm Wils (später auch Wels – heute noch Obsthof) den Antrag ein, , den Höhepunkt der Baumblüte in den Berliner Blättern bekannt zu geben, die Naturfreunde einzuladen, für die Entsendung eines Extrazuges Sorge zu tragen und freiwillige Führer zu stellen. Der Antrag wurde angenommen, beschlossen und noch im selben Jahr umgesetzt…..

Schon im ersten Jahr zum Blütensonntag mussten zwei Extrazüge eingesetzt werden. Zahlreiche Obstzüchter stellten sich am Bahnhof den Ankommenden als Führer zur Verfügung, um die Fremden zu Werder schönsten Punkten zu führen.
In den Anfangsjahren richtete sich das „Baumblütenfest“ nach dem tatsächlichen Blühen der Obstbäume. Es fand vorwiegend an einem oder mehreren Sonntagen statt.
Die Eröffnung des Baumblütenfestes fiel immer auf den ersten Sonntag nach dem Blühbeginn der Bäume und der Hauptsonntag wurde der „Goldene Sonntag“ genannt und war im Normalfall der erste Sonntag im Mai.

Seit Beginn des Baumblütenfestes ging es immer recht „zünftig“ zu, ein kräftiger Schluck aus der „Obstweinpulle“ verschleierte bald den Blick auf die Schönheiten der Natur.

Die vielen Werderschen Sorten hatten es schon immer in sich.
„Obstwein ist die beste Medizin, je länger man ihn trinkt, desto mehr gewöhnt man sich an ihn.“
Im Laufe von nun mehr als 130 Jahren Baumblütenfest reicht die Bekanntheit weit über das Umland hinaus, was auch anhand der stets steigenden Besucherzahlen zu beobachten ist.

Im Jahr 1893 zählte Werder am „Goldenen Sonntag“ 10.000 Gäste, 1897 waren es 25.000, und 1900 kamen an diesem Sonntag um die 50.000 Besucher.

Für die gesamte Baumblütenfestwoche sind in den 1990er Jahren Besucherzahlen von mehr als 500000 (!) belegt, die „Baumblüte“ wurde zum größten Volksfest Ostdeutschlands und in manchen Jahren zum zweitgrößten Gesamtdeutschlands nach dem Münchener Oktoberfest!

Eine weitere Tradition wurde neu belebt, nach 1936 wurde erstmals wieder 1989 eine Baumblütenkönigin gekürt.  Doch diese Tradition droht zu schleifen, in diesem Jahr soll es nur noch eine Bewerberin gegeben haben. Zum 100. Baumblütenfest 1979 (eigentlich 100 Jahre Baumblütenfest!) kam es dann zu einem traditionsträchtigen Festumzug an dem sich viele Werderaner Betriebe und Vereine mit ca.5.000 Mitwirkenden beteiligten. Den Anfang dieses Umzuges bildeten viele Jugendliche in historischen Trachten und  mit Gartengeräten aus längst vergangener Zeit. Was hier gezeigt wurde, war ein gelungenes und vor allem farbenfrohes Bild über 100 Jahre Baumblütenfest und über mehr als 200 Jahre Obstbau im Havelland. 1997 gab es erstmals zur offiziellen Eröffnung der Baumblüte einen Umzug von Werderaner Vereinen, Schulen und interessierten Bürgern, die in Ihrer Mitte die neugewählte Baumblütenkönigin und den Bürgermeister unserer Stadt bis hin zur Hauptbühne begleiteten.

Doch wir bewegen uns wie immer mit unserer kleinen Blütenwanderung etwas am Rande.
Zunächst geht es hoch zur früheren Ausflugsgaststätte Friedrichshöhe. Wie Gerlachshöhe, Bismarckhöhe, Wachtelburg entstand auch sie als Höhengaststät-te vor allem auch wegen der Feste wie zur Baumblüte, wurden aber später zu beliebten Ausflugszielen zu anderen Zeiten und ihre großen Säle boten dem gerade zu „Kaisers“ Zeiten regen Vereinsleben eine Heimstatt, aber auch politischen Vereinigungen und zu DDR-Zeiten den Belegschaften ansässiger Betriebe. Seit einiger Zeit wurde einiges aus dem Vereinsleben wiederbelebt, wie zum Beispiel der Karneval in Werder und Glindow.

Trotzdem: in Zeiten von Fernsehen, Video, Internet und verschiedensten medialen Angeboten und indiviudalisierter Arbeitswelt besteht offenbar landauf, landab kein Bedarf mehr an großen gastronomischen Anstalten, außer eben zu einem großen Volksfest wie der „Baumblüte“, doch dafür lohnt es sich nicht, eine Lokalität fürs ganze Jahr vorzuhalten. Und so steht auch die „Friedrichshöhe“ seit Anfang der 1990 er Jahre quasi leer. Immerhin ist der große Garten zugänglich und der Anmarsch über 182 Stufen mit der Aussicht auf eine schöne Aussicht auf die Havellandschaft bis nach Potsdam und Berlin hat etwas mit Vorfreude zu tun. Wir sind hier auf dem Kesselberg auf dem höchsten Punkt der Stadt Werder (Havel).

Vielleicht bietet sich ja hier und/oder in einem kleinen Garten privater Obstmucker am Hohen Weg oder in der Siedlung die Möglichkeit den ersten Schluck Obstwein zu kosten. Durch die Siedlung am Finkenberg geht es für uns hinunter bis fast zum Großen Plessower See, den wir bisher hauptsächlich von der anderen Seite kennen. Hier stehen einige Villen, das Freibad Werder und das Wasserwerk. Der See selbst schimmert nur durch, ein direkter Zugang ist hier leider nicht möglich. Den Stadtpark passieren wir am Rande, eigentlich ein Wald inmitten des neu bebauten Teils der Stadt. Unweit des Fischerhofes, der auch Übernachtungen anbietet, erreichen wir das Glindower Eck und nach wenigen Minuten den heutigen Werderaner Ortsteil Glindow. Auch in Glindow finden sich wie in Werder/Havel selbst hübsche ziegelverputzte Obstzüchterhäuser. Allerdings steht Glindow für Ton und Ziegelindustrie.

Aus dem Glindower Ton wurden die für die Mark Brandenburg typischen gelben Klinker erzeugt.

Von Glindow aus wurde Berlin erbaut und aus Werder mit Obst versorgt, sagte man hier einst.
Über den Mühlensteig geht es hoch auf den Panoramaweg, hierher kehren wir bald wieder zurück, wenn die Kirschen reif sind. Auf bzw.  am Rande des Weges liegen mehrere Obstbaubetriebe, die zur „Baumblüte“ Obstweine, Kaffee und Kuchen anbieten. An der Ziemensstraße treffen wir auf den kleinen Hof Däumichen. Zu empfehlen ist hier insbesondere der Sauerkirschwein.
Schließlich erreichen wir unseren Zielpunkt – wie seit Jahren schon – Elisabethhöhe und dort insbesondere den Obsthof Lehnst.

Nochmal etwas zur Geschichte von Elisabethhöhe:

Neben dem Glindower Ziegeleibesitzer Fritze und seiner Ehefrau gehören dazu das „Liebesnest“ des Grafen Garibaldi, ein Heim für seelisch-kranke Mädchen und dem Engagement der jüdischen Ärztin Irene Carst, dienstverpflichteten jungen Damen im Arbeitseinsatz auf Obsthöfen, unter ihnen Libertas Haas-Beye, später Schulze-Boysen. Historisch etwas jünger ist der touristisch reichlich vermarktete „Schultz’ens Siedlerhof“, wo inzwischen der „beste Whisky“ Deutschlands gebrannt wird

Zurück zu unserem Ziel: Wie immer in den letzten Jahren kehren wir auf dem „Obstweinhof Lehnst“ ein.

Es ist ein typisches Siedlungshaus mit einem großen Garten, wie es hier seit 1927-30 erbaut wurde. Zu jedem Haus gehörten ursprünglich 2,5 ha. Das Brach- und Heideland musste durch die Siedler zu Garten- und Obstland zur Produktion für den Eigenverbrauch umfunktioniert werden. Zur Zeit der GPG hatte diese die Flächen – bis auf wenige – vereinnahmt. Nach der „Wende“ wurde diese liquidiert, die ursprünglichen Eigentümer übernahmen sie wieder, aber nicht alle bauten wieder auf Plantagen. Etliche Grundstücke wurden neu bebaut bzw. zum Teil mehrfach geteilt.

Lehnst ist aber eines der wenigen Grundstücke, die von Anfang an bis heute in der selben Familie blieben. Nach 1930 war der Obstverkauf schon immer zumindest eine wichtige Nebenerwerbsquelle, auch Obstwein machen sie schon über siebzig Jahre, in den ersten Jahrzehnten für den Eigenbedarf, später bot man Wein über die örtliche Verkaufsstelle an.

Jahrzehntelang bewirtschaftete Hans-Joachim Lehnst (beruflich seinerzeit leitender Ingenieur im Vulkanfiberwerk in Werder/Havel) mit seiner Frau Eva den Hof, inzwischen produziert und verkauft Enkel Marcel Lehnst den immer noch alter Art haus- und handgemachten Obstwein.

Es ist aber ein reiner Saisonbetrieb, Marcel ist selbstständiger Handwerks-meister, man kann –so lange die Vorräte während der Blütenfestwoche- seine Obstweine inzwischen aber auch via Internet bestellen und sich liefern lassen.

Seit 1998 wird vom Gartenbauverein Werder (Havel) zu jeder Baumblüte ein Wettbewerb um den besten Obstwein verschiedener Kategorien ausgeworben. Familie Lehnst hat schon etliche dieser Preise gewonnen. In diesem Jahr wurde der Himbeerwein mit der Goldenen Obstweinkruke und der Erdbeerwein mit der Silbernen Obstweinkruke prämiert.

Vielleicht ist ja noch etwas übrig, wenn wir dort hin gelangen.

Unsere Rückfahrt geht nach einem kurzen Spaziergang durch die Siedlung mit dem Bus 633 von der Bus-Haltestelle Elisabethhöhe. Es empfiehlt sich zur Zeit der „Baumblüte“ nicht unbedingt über den Bahnhof Werder wieder abzureisen, sondern den längeren Weg über Potsdam und dann über die S-Bahn zu nehmen. Das ist aber nur ein Tipp.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Natur, Rund um Berlin veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


*