Treff: ab 9:05 auf dem Bf. Ostkreuz, oben
Abfahrt 9:20 RB 25 bis Werneuchen (Zustieg auch Lichtenberg, Ahrensfelde möglich) Fahrt im vorderen Zugteil, Umstieg in Werneuchen und Bad Freienwalde auf Bus; Rück ab Zäckeritzer Loose via FRW und Werneuchen bis Ostkreuz an 18:36
Wegstrecke ca. 6 – 7 km mit Pausen
Preis 16,-€, inkl. Führung, Vorbereitung, Begleitung, Fahrkosten ab Bln-Ostkreuz, „65 plus“- Ticket-Nutzer/innen zahlen 8,-€
Wer später zusteigen will, bitte rechtzeitig vorher anmelden, damit er/sie auf dem Ticket Berücksichtigung finden kann
Wir starten unsere kleine Wanderung im Oderbruch heute im ältesten Kolonistendorf Neulietzegöricke. „Hier habe ich im Frieden eine Provinz erobert“, soll König Friedrich II einst ausgerufen haben, nachdem gelungen war, das häufig überschwemmte Bruch trockenzulegen und fruchtbares Ackerland zu gewinnen. Schon sein Vater Friedrich Wilhelm I. hatte geplant, die Oder zu begradigen, letztlich war ihm das Projekt allerdings zu teuer geworden.
Von den Bauten der unmittelbaren Kolonisationszeit nach 1753 ist im Oderbruch nichts erhalten. Schlechte Gründung und überzogenes Sparen am Material ließen die ersten Häuser schon nach wenigen Jahren zu Sanierungsfällen werden. Die recht bald zu Wohlstand gekommenen größeren Kolonisten begannen als erste damit, ihre Häuser auf dem alten Grundriss neu zu bauen. Insgesamt gab es drei Haustypen, die jeweils den Grundstücksgrößen angepasst waren. Die 10-Morgener wohnten gemeinhin in Doppelhäusern und teilten sich dort je eine Schwarze Küche.
Für die 25- und 45-Morgener wurde ein mittelgroßer Typ mit integriertem Stallteil errichtet, während die 60- und 90-Morgener meist sechsachsige Häuser mit teilweise ausgebautem Dachraum bekamen. Der Vierseithof Borkenhagen in Neulietzegöricke gehörte einem solchen Großkolonisten und ist um 1800 errichtet worden. Den Stall- und Scheunenteil hat man schon im 19. Jahrhundert zu Wohnzwecken ausgebaut und dafür separate Gebäude um den Hof herum errichtet. Besonders die größeren Kolonisten waren wegen des fruchtbaren Bodens und der günstigen steuerlichen Bedingungen im preußischen Oderbruch schon nach wenigen Jahrzehnten zu wohlhabenden Bauern geworden. Im Zuge der preußischen Agrarreformen ab 1807 verstärkte sich diese Entwicklung durch
effektivere Ackerbaumethoden. Außerdem trennte man den Wirtschaftsteil vom Wohnhaus und errichtete Ställe und Scheunen im Viereck um den geräumigen Hof. Auf dem großen Vierseithof in Neulietzegöricke, der weitgehend original erhalten ist, lebt Eckhard Borkenhagen mit seiner Familie, Nachkomme eines Oderbuch-Kolonisten.
Das Taubenhaus, ein Mehrzeckgebäude, nimmt die Mitte des Hofes ein und steht an repräsentativer Stelle. Tauben galten als Leckerbissen zu den Festtagen des Kirchenjahres und symbolisierten außerdem den Heiligen Geist. Bis in das 18.Jahrhundert hinein war das Halten von Tauben ein Privileg der Herrschaft. Da Kolonisten nicht erbuntertänig waren und keinem Gutsherrn Dienste leisten mussten, bauten sie Taubentürme demonstrativ in die Mitte des Hofes, quasi als Zeichen ihres auf juristische Freiheit begründeten Selbstbewusstseins.
Im Zuge der fortschreitenden Trockenlegung der Oderbuchländereien sowie durch Zukauf, Erbschaft und sonst wie erworbene Ländereien lagen die Grundstücke jedes Kolonisten bald über die gesamte Feldmark eines Dorfes verstreut. Diese Gemengelage behinderte eine effektive Beackerung, so dass man nach 1800 in den meisten Dörfern danach strebte, wieder zusammen liegende Ackerländereien zu bekommen. Diesen Vorgang nannte man Separation. Die einzelnen Ackerflächen wurden jeweils aufgemessen und zu einem großen Grundstück zusammengelegt.
Als Instrument der Neuverteilung kam die Verlosung zur Anwendung. Wer ein weiter vom Dorf entfernt liegendes Grundstück erloste, baute aus wirtschaftlichen Gründen den Hof im Dorf ab und in der Mitte seiner Loose wieder auf. Meist sind es Vierseithöfe, gekennzeichnet von Fliedergebüsch und jeweils einem hohen Baum als Blitzschutz. Altlietzegöricke, das Dorf, zu dem die gleichnamigen Loosen gehören, liegt heute in Polen. Beide sind durch die Oder getrennt. Geschichtlich aber gehören das Altdorf und dessen Loose zusammen. Nach der Trockenlegung des Oderbruchs sind zwar viele Altgewässer der Oder trocken gefallen, doch einige waren so tief, das sie bis heute erhalten sind.
Auf dem Gemeindefriedhof von Neulietzegöricke steht ein großes Holzkreuz und markiert die Gräber gefallener deutscher Soldaten, die bei den schweren Kämpfen im Frühjahr 1945 in der Umgebung des Ortes gefallen sind. Am 11. Februar und am 16. April 1945 tobten blutige Kämpfe um das Dorf, bei denen 16 bekannte und 20 unbekannte deutsche Soldaten fielen. Im Februar starben die meisten von ihnen und konnten nach der vorübergehenden Rückeroberung von Neulietzegöricke noch regulär bestattet werden.
In den erbitterten Kämpfen am 16. April kamen die überlebenden Soldaten nicht mehr dazu, ihre gefallenen Kameraden zu beerdigen. Während des Absetzens mussten sie auf dem Schlachtfeld zurück gelassen werden. Auch auf den Friedhöfen der umliegenden Dörfer liegen bekannte und unbekannte deutsche Soldaten begraben, mit ewigem Ruherecht fern der Heimat. Die bei Neulietzegöricke gefallenen fünf bekannten polnischen Soldaten sind ausnahmslos in die polnische Kriegsgräberstätte bei Zäckerick (Siekierki) umgebettet worden
Neben einem Blick auf den kleinen Friedhof und dem erwähnten Vierseithof sind ein früheres Gartenhaus, das zum kleinen Anger umgezogen ist, sowie mehrere Bauern- und Tagelöhnerhäuser erwähnenswert und natürlich die 1839/42 an Stelle eines einfachen Ursprungsbaus eines Bethauses entstandene spätklassizistische Dorfkirche.
Bis zum Lebensende des „alten Fritz“ entstanden fünfzig Kolonistendörfer mit zeitweise bis zu 300000 Einwohnern. Die Kolonisten kamen nicht nur aus Frankreich sondern auch aus Böhmen, der Pfalz, der Schweiz und anderen Gegenden aus dem In- und Ausland. Im Zuge der Erschließung entwickelte sich das Oderbruch auch zum Gemüsegarten Berlins.
Neulietzegöricke gilt als erstes dieser Kolonistendörfer und entstand 1753 als langgestrecktes Straßendorf. In der Mitte zwischen den beiden Dorfstraßen liegt der Schachtgraben, zwischen den Häuserzeilen entstanden Kirche, Gasrhof, Schulhaus…
Nach einer Runde durchs Dorf einschließlich eines Blicks in die Dorfkirche folgen wir dem Weg zum Oderdeich.
Leider gibt es hier keine reinen Wanderwege, man muss den Weg mit Fahrrad- und auch einigen Autofahrern teilen.
Auch „Berge“ gibt es links und rechts des Weges, sie erreichen maximal 5,4 m über NN.
Am Oderdeich bzw. – damm können wir die Oderhochwasser und ihre Wirkung nachvollziehen. Wir folgen dem Weg nach links bis zum Dammmeisterhaus Zollbrücke, heute eine Gaststätte.
Zollbrücke entstand als Wohnplatz nach der Oderregulierung. 1755 errichteten erste Siedler eine Holzbrücke über die Oder und verlangten für das Überqueren der Brücke Zoll. Daher der Name für den bald entstehenden kleinen Ort. Die Bauern aus Zäckeritz nutzten den Übergang um ihre Ländereien im Oderbruch zu erreichen. 1806 zerstörte ein Eishochwasser die Brücke, der Nachfolger war bald baufällig und durch eine Fähre ersetzt. 1945 wurde der Fährbetrieb eingestellt und die Deichscharte verblieb nur als ein Wahrzeichen des Ortes. Die mußte allerdings nach dem Oderhochwasser von 1997, das hier reichlich Schaden anrichtete, verlegt und neu gesichert werden.
Zwei Häuser stehen unter Denkmalschutz, die Nr.5 ein Fachwerkhaus mit Satteldach aus der 1 Hälfte des 19.Jahrhunderts. unter der Nr 10 Finder man das Dammmeistergehöft, das Wohnhaus noch aus dem 18.Jahrhundert stammend, Scheune und Stallgebäude kamen Ende des 19.Jahrhjnderts dazu.
An der Hauptstraße unter der Hausnummer 16 befinden sich Reste eines früheren Gehöfts, die Schauspieler Thomas Rühmann und Musiker Tobias Morgenstern erworben haben Sie Bauten es überwiegend mit Naturmaterialien schrittweise zur Kulturstätte „Theater am Rand“ aus ..
Für uns könnte sich noch ein Abstecher zum Ziegenhof Zollbrücke von Michael Rubin anbieten
Von Zäckeritzer Loose können wir per Bus wieder „abreisen“