12.3.18 Bösemüllers Stadtspaziergänge Die Straßen Berlins Heute: Die Kastanienallee zwischen Prenzlauer Berg und Mitte

Treff: auf dem U-Bahnhof Eberswalder Straße (U 2) 10:30

Dauer ca. 2 Std.

Preis: 4,-€

 

„Erwin Bösemüller“ entführt Sie in alle Ecken und Enden Berlins. Unser Bummel führt durch die Kastanienallee beginnend am nördlichen Ende, „Ecke Schönhauser“, gleich mehrfach ein Stichwort für Filmgeschichte, geht vorbei am „Prater“, an alten Höfen und neuen Läden, und schon wieder legendärer Geschichte als Flanier- und Castingmeile, schließlich die Schwedter Straße querend, jetzt schon in „Mitte“…

Wir treffen uns auf dem U-Bahnhof Eberswalder Straße. Die Hochbahngesellschaft hatte ihn am 27. Juli 1913 unter dem Namen „Danziger Straße“ eröffnet. Im Jahr 1905, drei Jahre nach Inbetriebnahme der ersten Hochbahnstrecke Berlins forderte die damals noch selbstständige Landgemeinde Pankow einen Anschluss an das Netz. Nach Ausarbeitung eines konkreten Linienverlaufs wurde im März 1910 die Genehmigung zum Weiterbau der Centrumslinie vom U-Bahnhof Spittelmarkt aus über den Alexanderplatz und entlang der Schönhauser Allee bis zum Nordring genehmigt.

Ursprünglich wollte man unterirdisch bauen, das hätte jedoch die Grundstückspreise exorbitant in die Höhe getrieben, so dass man daher die Hochbauvariante – wie auch in Schöneberg- wählte.

Aus Kostengründen blieb man auch bis Ende der 20er Jahre bei der Führung bis zum Nordring, dem heutigen Bahnhof Schönhauser Allee. Die schon anfangs von Pankow geforderte Durchbindung bis ins Pankower Zentrum (also z.B. Pankow, Kirche) kam bis heute nicht zustande.

1950 wurden Straße und Bahnhof nach Georgi Dimitroff benannt, dem 1949 verstorbenen bulgarischen KP-Chef, der in der DDR vor allem auch wegen seines Auftritts im Reichstagsbrandprozess geehrt wurde, während seiner Rolle als einer der engsten Verbündeten Stalins keine Rolle spielte.

Nach der Wende sollte eine Rückbenennung der gesamten Dimitroffstraße erfolgen. Die damaligen (Ost-)Berliner Verkehrsbetriebe (BVB), die sich dementsprechend an den Beschluss zu halten hatten, gingen daher schon 1990 den Umweg und benannten die Station kurzerhand nach der Eberswalder Straße, der westlichen Verlängerung der Dimitroff- bzw. Danziger Straße. Der Name setzte sich nur langsam durch, zum Teil sprechen die Anwohner im Ortsteil immer noch vom „U-Bahnhof Dimitroffstraße.

Wie auch immer, der Berliner spazierte unter dem „Magistratsschirm“ genannten Viadukt und pünktlich mit der Fertigstellung der Bahn über Nordring hinaus 1930 eröffneten Max und Charlotte Konnopke den heute noch bestehenden legendären Imbiss.

Unser weiterer Weg durch die Kastanienallee ist von etlichen historischen Bauten, die überwiegend noch aus dem letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts bestanden. Auch in der Eberswalder sehen wir kurz noch einige mit zum Ensemble gehörende Gebäude. Manches ist auch ein wiederhergestelltes Kleinod, so der Fourage-Hof, das Grundstück des Prater, die Messiaskapelle, in die selbst wir leider nicht hineinkommen, einige Fabrikgebäude auf Höfen, auch einiges Beachtliche in Nebenstraßen wie der „Oderberger“ und der „Schwedter“…

Blicken wir zurück in die Geschichte der markanten und bekannten Straße:

Es war der Grundbesitzer Wilhelm Griebenow, der 1826 eine Allee in Verlängerung des Weinbergswegs anlegen und mit Rosskastanien anlegen ließ. Er stellte damit eine Verbindung zur Chaussee nach Pankow-Schönhausen, der späteren Schönhauser Allee, her, über die schon einst Goethe bei seinem einzigen Berlin-Besuch gefahren ist, als es ihn hinaus nach Tegel zog…

Am nördlichen Ende der Kastanienallee wurde Kinogeschichte geschrieben, wobei es hier nicht um den bekannten Film „Berlin Ecke Schönhauser“ geht, der hier 1957 gedreht wurde. 65 Jahre zuvor drehte hier ein gewisser Max Skladanowsky seinen Bruder Emil bei gymnastischen Übungen im Atelier, die wohl erste Filmaufnahme der Weltgeschichte überhaupt, die allerdings im Original verschollen ist. Und 1896 drehte er dann von oben aus seiner Dachluke erstmals die Straßenkreuzung, damals noch ohne Hochbahn.

Und dass sich mit dem „Lichtblick“ ein kleines Programmkino im ältesten Gebäude der Straße befindet, in der Kastanienallee 77 1852/53 vom Dampfsägewerksbesitzer Arnheim erbaut, das Vorderhaus nach anderen Angaben bereits 1848, passt zum historischen Nimbus der Straße. Natürlich auch der Prater, dessen Geschichte wir ja schon bei unserer Schönhauser Allee-Runde am 19. Dezember 2016 gestriffen haben.

An Griebenow erinnert heute noch eine Straße, die uns „hinten herum“ von der „Schwedter“ zur Zionskirche führt, wo wir nun doch zu einer kleinen Besichtigung eingeladen sind.

Wie schon unterwegs an konkreter Stelle wird hier das Leben und Wirken von Dietrich Bonhoeffer gewürdigt. Die Zionskirche entstand hier oben 1873, weil die Elisabethkirche sich auf Dauer als zu klein erwies. Der

Architekt des vom preußischen König und späteren deutschen Kaiser Wilhelm I. als Votivkirche gestifteten Baus ist August Orth. Aus Dankbarkeit, einem Attentat in Baden-Baden entgangen zu sein, stiftete im Jahr 1861 der damalige König und spätere Kaiser Wilhelm I. 10.000 Reichstaler für den Bau einer Kirche in dem damals noch zur St.-Elisabeth-Gemeinde gehörenden, aber im Zuge des Baus des Wilhelminischen Rings schon dicht besiedelten Gebiet. Nach einigen Auseinandersetzungen zwischen dem Berliner Konsistorium und dem Magistrat v on Berlin konnte 1866 mit dem Bau begonnen werden. Wegen Geldmangel ruhten die Bauarbeiten ab Ende 1868, doch eine weitere Stiftung des Königs ermöglichte 187 2 die Fertigstellung der Bauarbeiten. Die Kirche ist im Stil der Neoromanik errichtet, als Backstein-Terrakotta-Bau im Stil des Berliner Historismus mit gelben Blendsteinen aus der Cement- und Tonwarenfabrik Hermsdorf. Sie hatte 1424 Sitzplätze, 562 davon auf der Empore. Die Baukosten (ohne Grundstück und Bauleitung) lagen bei 37 3.364 Mark (kaufkraftbereinigt in heutiger Währung: rund 2.613.000 Euro). Am 2. März 1873 wurde die Zionskirche in Gegenwart des Kaisers durch Generalsuperintendent Bruno Brückner feierlich eingeweiht.

Näheres, auch zur Rolle dieser Kirche in der ausgehenden DDR-Zeit vielleicht während der kleinen Führung oder im Nachgang.

Abschließend gibt es – wieder zurück auf der Kastanienallee – mehrere Möglichkeiten zum Einkehren und Aufwärmen.

Die Zionskirche steht auf dem höchsten Punkt des alten Berlin auf dem „Gipfel“ des einstigen Weinbergs. Hierher kehren wir ja in diesem Jahr zum Thema „Berliner Weinberge“   noch einmal her.

Man könnte zu Fuß oder mit der Straßenbahn zum U-Bahnhof Eberswalder zurückkehren oder den Weinberg hinunter zum U-Bahnhof Rosenthaler Platz oder weiter zum S-Bahnhof Hackeschen Markt gelangen (Tram M1).

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8.3.18 VORFRÜHLING ODER SPÄTER WINTER AN DER ELBE – ZWISCHEN WITTENBERGE UND HINZDORF

Treff: ab 8:55 auf dem Bf. Ostkreuz (bei kaltem Wetter in der oberen Halle vor Abgang warten), Fahrt im 2. Wagen von vorn. Abfahrt RE 2, Gleis 2 9:10 Ri. Schwerin Hbf, Fahrt im 2. Wagen von vorn. Rückkunft bis spät. 19:49 Uhr

Wegstrecke ca. 8 – 9 km mit Pausen

Preis 17,-€, inkl. Führung, Vorbereitung, Begleitung, Fahrkosten ab Bln-Ostkreuz, „65 plus“- Ticket-Nutzer/innen zahlen 9,-€

 

Wir fahren nach Wittenberge, der traditionsreichen Industrie- und Binnenhafenstadt an der Elbe.

Eine Warnung vorweg: Teile des nachfolgenden Textes sind geeignet, Sie massiv zu verunsichern!

Wittenberge begrüßt uns zunächst mit dem historischen Bahnhof an der 1846 eingerichteten Berlin-Hamburger Bahn. Das Wohnquartier im „Heisterbusch” entstand größtenteils in den wenigen Jahren von 1900 bis 1914. Es macht im Unterschied zu den Gebäuden in der „wild” gewachsenen Bahnstraße einen ausgesprochen geschlossenen Eindruck. Trotzdem finden wir auch hier eine Menge an unterschiedlichen Bau- und Gestaltungsformen, da die Zeit der Jahrhundertwende auch in der Architektur eine sehr dynamische Zeit war. Bis 1902 hielten die Baumeister der Stadt allerdings ganz überwiegend am noch dominanten Historismus fest (z. B. Puschkinstraße, Bürgermeister-Jahn-Straße). Die für den neuen Jugendstil typischen Elemente wie pflanzliche Schmuckmotive finden sich aber schon bald danach (bis 1905) als Flachschnitzereien in Türfüllungen und an Fensterkapitellen, als Stuckplatten vor Fensterbrüstungen, als frei modellierte Reliefs an Erkern sowie als Sprossenwerk in den Oberlichtern der Fenster wieder (Johannes-Runge-Str. 14, 15, 19, 23, 33, 39, Schillerstr. 1, 3, 4, Nedwigstr. 1, 2). Der neogotische Backsteinbau der Friedrich-Ludwig-Jahn-Schule in der Johannes-Runge-Straße (1905/07 erbaut) ist mit seinen durch bandartiges Pflanzenwerk verknüpften, menschlichen und faunischen Motiven ein Höhepunkt des Wittenberger Jugendstils. Vor dem Schulgebäude wurde zu Ehren des „Altmeisters der deutschen Turnerei“, des in Lanz geborenen Friedrich Ludwig Jahn, 1913 ein Denkmal in Form des Jahnbrunnens mit bronzener Turnerfigur gesetzt. Die Arbeiter- und Sportstadt Wittenberge verfügte mit dem noch heute bestehenden Turnverein 1863 schon über eine regelrechte „Turnertradition”.

Wir erreichen das Kultur- und Festspielhaus. Das große, monumental anmutende Gebäude aus dem Jahr 1959 steht in der Bahnstraße und damit direkt an der Bummelmeile der Elbestadt. Dieser Platz ist nach dem berühmten Berliner Operettenkomponisten Paul Lincke benannt, der sich von 1881 bis 1884 in der Wittenberger Stadtpfeiferei das musikalische Rüstzeug für seine spätere Tätigkeit erwarb. Die Büste vor dem Festspielhaus erinnert an diesen populären Komponisten. „Wittenberge war meine musikalische Wiege“, sagte Paul Lincke selbst über sich. Geboren wurde Karl Emil Paul Lincke am 7. November 1866 in der Berliner Holzgartenstraße. Sein Vater arbeitete als Magistratsdiener und half gelegentlich in kleineren Kapellen als Geiger aus. Er vererbte offensichtlich seinem Sohn das musikalische Talent. Die Mutter Emilie Auguste hatte viel Mühe mit dem knappen Familienetat auszukommen. So wuchs der künftige Erfolgskomponist in einer Familie auf, in der die Sorge um das tägliche Brot an der Tagesordnung war, vor allem als der Vater 1871 an den schwarzen Pocken starb und außer der Witwe und Paul noch einen weiteren Sohn und eine Tochter zurückließ. Schon von Kindesbeinen an zeigte Paul großes Interesse für die Musik. Als er aus der Schule kam, wusste er genau: Er wollte Musiker und möglichst Militärmusiker werden. Und Paul hatte Glück, denn 1880 fand seine Mutter eine Lehrstelle beider renommierten Stadtmusikkapelle von Wittenberge, die von Musikdirektor Rudolf Kleinow geleitet wurde. Hier wurde der schmächtige Knabe zum Fagottist ausgebildet. Über seine Wittenberger Lehrzeit bemerkte der Künstler später: „In dem kleinen Wittenberge habe ich den Grundstein für mein Schaffen als Komponist gelegt und dort gelernt, was andere auf Akademien nie erfahren haben: Marschmusik, Operetten und Opernpotpourris, Walzer, Polkas, Mazurken, Saisonmusik, Rheinländer und vor allem Stimmungsmusik, Rundgesänge, Gassenhauer und Moritaten.“ Bereits zum Abschluss der Lehrzeit entstand der Marsch „Gruß an Wittenberge“—-

Möchten Sie indes etwas richtig böses über Wittenberge lesen?

Findet sich unter http://www.stupidedia.org/stupi/Wittenberge:

Der Name Wittenberge kommt aus dem Altdeutschen und bedeutet „Land der weißen Berge“. Dies ist eine Metapher, gemeint sind damit die fetten Seekühe, die in allen Supermärkten die Kassen versperren und somit das verhindern, was man einen reibungslosen Ablauf nennt. Aber Wittenberge hatte auch gute Zeiten. Und zwar so um 4000 v. Chr., damals war die spießige Rentnermentalität in Wittenberge revolutionär und einmalig im Land. Das Volk erkannte die Vorteile einer Rentner-Communitas abseits des eigenen Alltags. Seitdem werden Rentner, mit all ihren lästigen Alzheimer-Erkrankungen und Arthritis-Beschwerden, extra nach Wittenberge gebracht, um sie möglichst weit weg aus der eigenen Wahrnehmung und dem schlechten Gewissen zu schaffen. Und so entwickelte sich abseits der arbeitenden, jungen Gesellschaft eine Parallelgesellschaft in Wittenberge, die im Durchschnitt 78 Jahre alt ist und Großteile ihres Tages damit verbringt, hinter Gardinen hervorzuspähen, über Ruhebelästigungen zu meckern und Kreuzworträtsel zu lösen. Bewohner unterhalb des Rentenalters gibt es vermutlich keine.

 

In der Tat riss man nach 2000 das historische Packhofviertel ab und wie auch am Rande anderer früher mal bedeutender Städte entstand eine Kolonie mit Einfamilienhäusern für Neureiche mit verwöhnten Kindern oder zumindest diejenigen, die noch abgefunden werden konnten….Als hier noch der morbide Charme herrschte, war Wittenberge – z.B. im Zusammenhang mit den an die Hamburger Speicher-stadt erinnernden Resten des früheren Hafens – mehrfach Drehort für Filme, die im oder nach dem Krieg in halb zerstörten Vierteln Berlins oder Hamburgs spielten…Und so heißt es unter: „Bestaunt, belächelt, gelobt, kritisiert“ – Wittenberge als Filmstadt und Wittenberger als „Hilfsschauspieler“: Wie auch immer: Filmaufnahmen in der Stadt bringen neben einem Hauch von Exotik auch angenehme Geschäftigkeit, Arbeit für viele, die sich als Komparsen oder Kulissenbauer betätigen, Journalisten von Fernsehsendern sowie großen Zeitungen reisen an und natürlich Stars.

Heiner Lauterbach, Claude-Oliver Rudolph, Veronica Ferres und Nina Hoss zum Beispiel wissen nun, dass Wittenberge nicht weit von Babelsberg liegt.

 

Die Stadt bietet (bot) Filmkulissen wie kaum eine. Ganze Straßenzüge aus der Gründerzeit lassen vor dem Auge des Zuschauers das Bild vom Hamburg der 40er Jahre entstehen. Und auch marode Mietshäuser, die im Zuge des Stadtumbaus ohnehin der Abrissbirne weichen müssen, dienen dann vorher noch mal als echte Trümmerlandschaft in der zerbombten Hansestadt. Wie echt!

Und viele Wittenberger sind stolz darauf, hin und wieder über die Leinwand oder in die Wohnzimmer flimmern.

Da wäre mal eine Liste solcher Filme:

„Die Gladow-Bande“

Wittenberge – Klappe – die Erste!

Filmkulisse im Packhof und im Jahnschulviertel (Dreharbeiten 2000)
„Der Verleger“

Wittenberge – Klappe – die Zweite! (Dreharbeiten 03.04. bis 28.04. 2001)

 

„Toter Mann“

Wittenberge – Klappe – die Dritte! (Dreharbeiten vom 09.07. bis 13.07.2001)

 

„Kleinruppin forever“

Wittenberge – Klappe – die Vierte! (Dreharbeiten vom 13.06. bis 27.07.2003)

 

„Crazy Race“

Wittenberge – Klappe – die Fünfte! (Dreharbeiten vom 14.04. bis 21.05.2004)
„Neger, Neger, Schornsteinfeger“

Wittenberge – Klappe – die Sechste! (Dreharbeiten vom 27.04. bis 02.06.2005 ) 

 

„Yella“

Wittenberge – Klappe – Die Siebente! (Dreharbeiten vom 12.06. bis 21.06.2006) 

 

Suchkind 312″

Wittenberge – Klappe – Die Achte (Dreharbeiten vom 19.03. bis 23.03.2007)

 

„Jerichow“

Wittenberge – Klappe – Die Neunte (Dreharbeiten vom 21.04. bis 05.06.2008)

 

„Beate Uhse – Das Recht auf Liebe“

Wittenberge – Klappe – Die Zehnte (Dreharbeiten vom 05.10. bis 30.10.2010)

 

Doch auch das ist inzwischen Geschichte.

Und an das „Tivoli“, in dem einst Paul Lincke mit seiner „Pfeife“ auftrat, erinnert nur noch eine kleine Pension und ein Straßenname.

Kehren wir zum etwas böswilligen Netzeintrag zurück:

Erwähnenswert ist die alte Ölmühle. Die ist inzwischen so alt und baufällig, dass da Operetten-Festspiele für Rentner stattfinden. Leider werden es immer weniger Besucher, da die nachwachsende Generation bereits geflüchtet ist.

Kehrten wir in der warmen Jahreszeit zurück, gäbe es hier allerdings neuerdings neben dem zu empfehlenden selbst gebrauten Bier auch einen Biergarten und Café mit Blick auf den alten Hafen und die Elbe.

Nach links blickend, erkannten wir schon von weitem den Schriftzug „Veritas“ über Ruinen und den Turm mit der größten Turmuhr zumindestens Kontinentaleuropas.

Und was schreiben unsere „bösen“ Netzaktivisten?

In den Zeiten der guten alten DDR gab es hier massig Industrie, z.B. eine Zellstoff-Fabrik. Am bekanntesten ist Wittenberge durch die  Nähmaschinen der Marke Veritas geworden. Dieser Betrieb wurde von einem Singer (engl. für Sänger) gegründet. Da dieser aber so schlecht sang, vertrieben ihn die Wittenberger. Nach der Wende fand die Treuhand es doof, dass es nun auch im Osten eine Nähmaschinenfabrik gab und trieb die Wittenberger Fabrik in den Ruin. Jetzt gibt es immerhin eine Backup-Software namens Veritas. Existenzgrundlage vieler ist das hierzulande sehr beliebte Flaschensammeln. Geht man als behaarter Wittenberger am Samstag- oder Sonntagmittag in den Clara-Zetkin-Park, so findet man Pfand im Wert von mindestens 10€, den Jugendliche am Vorabend vom stadteigenen Spielplatz fallen lassen haben. Geübte Augen erkennen aber schon von weitem das Glänzen einer Pfandflasche im Gebüsch und können gezielter vorgehen. Jugendliche verdienen sich ihr Geld, indem sie die lokale Tageszeitung „Wochenspiegel“ verteilen. Die Einheimischen lesen diese jedoch nicht mehr, weil die Geschichten in diesem Abfallprodukt ungefähr so interessant sind, wie eine Tüte Mehl, und so tiefgründig wie stilles Wasser, dass nicht tief sondern flach ist….

Schluss damit, ab in den Staub mit allen, die an dieser schönen Stadt herumnörgeln….

Wir verlassen diese nun endlich, biegen rechts ab, folgen der Wittenberger Elbebrücke, einst größte Neubaubrücke der Deutschen Reichsbahn. Im Juni 1847 begann die Magdeburg-Wittenbergesche-Eisenbahngesellschaft auf Grundlage einer Planung von Anton Ferdinand Benda mit dem Bau des ersten 1443 Meter langen Brückenzuges über die Elbe.  Zwischen 1883 und 1884 wurde die Holzkonstruktion durch eine  schmiedeeiserne  Eisenfachwerkkonstruktion ersetzt.

Von 1909 bis 1911 folgte ein kompletter Umbau der Strombrücke. Die Drehbrücke wurde durch eine stählerne Fachwerkbrücke mit geknicktem Obergurt und zirka 37,2 Meter Spannweite ausgetauscht. Die folgenden zwei Brückenfelder wurden durch ein 84 Meter überspannendes Feld mit einer Stahlfachwerkbrücke, als 11,5 Meter hoher  Halbparabel-trägerausgeführt, ersetzt. Auch die restlichen Überbauten wurden durch Schwedlerträger mit 55,2 Meter Spannweite (westliches Endfeld 41,1 Meter) und unten liegender Fahrbahn ausgetauscht. Ende des Zweiten Weltkrieges, am 12. April 1945, wurden die beiden letzten Überbauten vor dem Wittenberger Ufer und der dazwischen liegende Strompfeiler gesprengt. Eine im Herbst 1945 von sowjetischen Truppen errichtete eingleisige hölzerne Behelfsbrücke ermöglichte kurzfristig wieder den Eisenbahnbetrieb. Da die Strecke Magdeburg–Wittenberge zu den wichtigen Nord-Süd-Verbindungen in der DDR gehörte, wurden zwischen den Jahren 1955 und 1957 die Behelfsüberbauten durch neue Regelüberbauten ersetzt. Mit der Eröffnung der neuen Straßenbrücke über die Elbe endete im Jahr 1976 der zusätzliche Straßenverkehr auf dem Bauwerk. Aufgrund der Elektrifizierung der Bahnstrecke wurde schließlich zwischen den Jahren 1982 und 1987 der komplette, zirka 70 Jahre alte Brückenzug durch einen 1030 Meter langen Neubau ersetzt. Es war der längste Brückenneubau der Deutschen Reichsbahn. Die 14-feldrige Brücke hat als Bauwerkssystem in Längsrichtung drei Durchlaufträger mit zweimal fünf und einmal vier Feldern und ist in Stahl als pfostenloses Strebenfachwerk ausgeführt. Die Gleise sind ohne Schotterbett direkt auf der Brückenunterkonstruktion befestigt. Auf der Oberstromseite ist ein Fußgängersteg vorhanden. Die Durchfahrtshöhe beträgt für Schiffe 6,10 m. Damit zählt das Bauwerk zu den niedrigsten Brücken, die die Elbe überspannen. Wir überqueren die Straßenbrücke über den Industriehafen (links) bzw. Winterhafen (rechts). Hier mündeten einst Stepenitz und Karthane in einen Arm der Elbe. Wir halten uns dann links parallel zum Elbstrom zunächst leider etwa 1,5 km entlang der Straße. Bitte Vorsicht! Der Lohn sind aber immer wieder Blicke auf und über die Elbe und die dort rastenden Vögel, verschiedenen Gänse, Enten, Schwäne sind hier als Durchzügler oder auch noch Wintergäste unterwegs. Für unseren späteren Weg auf dem Deich entlang, bietet es sich auch an, ein Fernglas zur besseren Beobachtung mitzuführen.

 

Nun sind wir in der Landschaft und so lohnt sich das „Prignitzlied“ (1. Strophe):

 

Wo de Elwstrom geiht,

dörch dat Land sich dreiht

Haogel, Löcknitz, Steppnitz un de Doss‘,

wo so wunnerschön

Heid‘ un Wischen blöhn

un up saftig Weid werrd fett de Oss:
Ach, dat schöne Land

is mien Heimaotland,

is mien leev,

mien herzleev Prignitzland….

 

Vor mehreren Jahren hatten uns die Bauarbeiten am „Elwdiek“ noch gehindert und damals im Sommer zum Spazieren übers Straßenasphalt gezwungen. Jetzt kann es direkt über den Deich nach Hinzdorf mit weiten Blicken in die Landschaften nach „binnen“ und „uten“ gehen. Wir passieren in einiger Entfernung kleine Rundlinge oder – ähnlich wie solchen im Wattenmeer – auf Warften gebaute Einzelgehöfte oder Vierseithöfe, die „Schadedörfer“ werden diese kleine Ansiedlungen zusammenfassend auch genannt, im Unterschied zu den Elwdörfern oder den Wischedörfern. Dabei ist zu beachten, dass sich der Flusslauf der Elbe seit dem Mittelalter mehrfach im Detail – insbesondere im Ergebnis von Fluten – veränderte. So befand sich das heute gegenüber Hinzdorf in der Altmark gelegene Beuster einstmals in der Prignitz, auch das weiter westlich gelegene Losenrade zuvor. Und so gibt es noch manches zu „vertellen“ zu Warften, Höfen, Biberburgen, dem Leben der „Jäälbeenten“, den Menschen am oder achtern Elwstrom, geprägt durch die Launen des großen Flusses, der Katastrophen im Laufe der Jahrhunderte, aber auch des Alltags mit dem Qualmwasser…

Und so erreichen wir unseren Schlusspunkt Hinzdorf. Vielleicht gibt es die Gelegenheit, einen Blick in die kleine, einst auch als Notkapelle konzipierte, Dorfkirche zu werfen und neben einigen alten Bauernhäusern findet sich hier das „Pfannkuchenhaus“, wo wir abschließend einkehren können.   Pfannkuchen oder „Pannekooken“ sind aber keine „Berliner“, sondern so etwas, zu dem Berliner, Lausitzer und auch einige Sachsen „Eierkuchen“ sagen würden, auch wenn man nicht immer Eier dran sein müssen.

Bei der Gelegenheit kommen wieder zurück auf die etwas böswillige Netpräsenz „stupidedia..“ von oben. Da hieß es: „Wittenberger haben Eier. Und einen Bahnhof: Dort wurde Ex-Kanzler Schröder auch sogleich mit jenen begrüßt. Auf diese Weise drückt man ja gerne seine Bewunderung aus. Damit die Wittenberger was zu arbeiten haben, wurde der Bahnhof komplett umgebaut. Jetzt gibt es zwei Fluchtwege für die Demonstranten. Aber Politiker sind irgendwie seltener zu Besuch als sonst…“

Vorsichtshalber reisen wir heimwärts per Bus nicht über Wittenberge, sondern über Glöwen. Dazu liegt aus dieser Quelle hier nichts vor!

 

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3.3.2018 BOIZENBURG – STADT DER FLIESEN ODER: EIN „LÜTT VENEDIG“ AN DER ELBE

Treffpunkt neu! Berlin Lichtenberg. Durchgang zwischen U-Bahn und Fernbahngleisen ab ca. 6:45, Fahrt mit RE 2 ab 7:09 via Schwerin Süd bzw. -Hbf , Rück an 20:46 Berlin-Lichtenberg

Wir fahren im 2. Wagen von vorn.

Preis inkl. Fahrkosten (Wochenendticket) ab Treffpunkt am Ausgangs-bahnhof, Führung, Begleitung 27,-€ p.P.

(ohne Eintritt/Führung Museum, ab 3,-€)

 

Die westlichste Stadt Mecklenburgs geht auf eine alte Burg an der „Boize“ zurück und wurde bereits 1171 urkundlich erwähnt.

Die Innenstadt ist von einer ringförmigen mittelalterlichen Wallanlage umgeben. Der Wall ist auf ganzer Länge mit Linden aus dem späten 19. Jahrhundert bestanden und beidseitig von Gräben umschlossen. Die vielen kleinen Fachwerkhäuser, die unmittelbar an den inneren der beiden Gräben grenzen und das gesamte Stadtbild maßgeblich prägen, sind über 45 Brücken mit dem Mittelwall verbunden, was der Elbestadt auch den Namen Klein Venedig des Nordens einbrachte.

Auf unserem Spaziergang zum Hafen berühren wir aber auch die weiträumige Landschaft zwischen Elbe und Sude und sehen vielleicht noch manchen gefiederten Wintergast!

Eine Besonderheit stellt auch das Erste Deutsche Fliesenmuseum dar. Seit dem 19. Jahrhundert war die Fliesenherstellung eine typische Industrie der Stadt und insbesondere die Sammlung zu den Jugendstilfliesen lohnt sich.

Fliesen begegnen uns aber auch einigen Hausfassaden in der Stadt.

Eine Führung durch das Museum durch die Nachfahren des Museumsgründers und Gestalters vieler bekannter Wandfliesen (z.B. in Berlin am Haus des Lehrers) Lothar Scholz ist ein abschließender Höhepunkt unserer Stadtbesichtigung

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26.2.18 Zwischen Kleistpark und Winterfeldtplatz

Treff: 10:30 Uhr auf dem U Kleistpark
Dauer ca. 2 Std.
Preis: 5,-€

Willkommen zu einem Stadtspaziergang auf historischen Spuren durch den Norden Schönebergs.
Das 1264 gegründete Dorf Schöneberg erlangte im Jahr 1898 das Stadtrecht. Da hätte es schon großstädtische Dimensionen. Bis zur Eingemeindung nach Berlin 1920 wuchs die Bevölkerung auf 175000 Menschen an. Dabei bot und bietet Schöneberg unterschiedlichste Viertel, großstädtischer Charakter um den Nollendorfplatz, Mietskasernen, das Arbeiterviertel der „Roten Insel“, Kasernen unweit des Tempelhofer Feldes, im Westen das sogenannte Bayerische Viertel. Jüdisches Leben, auf das das Büchlein der Kiezspaziergänge „Stolpersteine in Berlin“ fußt, findet sich – neben vielen anderen historischen Spuren – aber auch im Norden des Bezirks. 
Unser erstes Ziel heute sind aber die Königskolonnaden, die 1913 von der damaligen Königsstraße unweit des Alexanderplatz hierher kam.
Im selben Jahr wurde das Kammergericht hier errichtet, mit einer Parkanlage, als deren Vestibül die Kolonnaden angesehen werden können.  Berühmt-berüchtigt wurde das Gebäude des Kammergerichts dafür, dass sich hier von September 1944 bis April 1945 der „Volksgerichtshof“ befand. Nach dem Krieg tagte hier der Alliierte Kontrollrat.
Wir gehen um das Gebäude herum und erblicken insgesamt neun Stolpersteine für Richter bzw. Mitarbeiter des Gerichts, die Opfer faschistischer Verfolgung wurden.
Wir gehen zum früheren Hauptverwaltungsgebäude der BVG zurück, überqueren die Potsdamer Straße und setzen unseren Spaziergang in der Langenscheidtstraße fort. In Höhe des Hauses Nummer 11 wird an das Schicksal des gehörlosen Künstlers Hans Arnheim erinnert, der in Theresienstadt umkam.
Die Langenscheidtbrücke über die Berlin-Potsdamer Bahn führt hinüber auf die „Rote Insel“, ist vor allem auch als Schauplatz von Filmen wie zB „Der Himmel über Berlin“ bekannt geworden.
Die Crellestrasse wiederum ist nach dem Konstrukteur der Bahnstrecke Berlin-,Potsdam August Leopld  Crelle benannt.

In der Crellestraße treffen wir in Höhe der Häuser 42, 46,6  auf weitere Stolperstein, die auf Schicksale hinweisen.

Die Kolonnenstraße überquerend befinden wir uns auf dem Kaiser-Wilhelm-Platz, am Standort des alten Rathauses erinnert eine Gedenkfafel an die Opfer des Kapp-Putsches 1920, die bei der Verteidigung der Demokratie von reaktionären Soldaten erschossen wurden. In der Mitte des Platzes erinnert ein Gedenkort mit großen Tafeln an die Namen von Konzentrations- und Vernichtungslagern. Ich vermiss beispielsweise die Erwähnung von Riga.

Bemühungen zur Umbenennung des Kaiser-Wilhelm-Platzes zum Beispiel nach Salvador Allende oder Marlene Dittrich scheiterte in der Vergangenheit.

Gegenüber geht der Rundgang in der Akazienstraße weiter.

Vor der Hausnummer 5 wird an weitere Deportierte erinnert. Insbesondere böte sich hier der Anlass, an jüdische Zwangsarbeit und die „Fabrikaktion“ zu erinnern.

Wechseln wir die Straßenseite, böte sich ein Blick in den Akazienhof als ein Beispiel für einen früheren Schöneberger Gewerbehof an.

Auf der selben Zeit treffen wir auf die das Stadtviertel mit prägende Apostel-Paulus-Kirche und schauen kurz zu einer kleinen Besichtigung hinein.

Auch in der Goltzstraße gibt es noch Hinweise auf das Schicksal interessanter Persönlichkeiten.

Auf ein besonderes Schicksal weist man im Zusammenhang mit dem Stein für Karl Olbrysch hin . Olbrysch war kommunistischer Reichstagsabgeordneter. Er entzog sich – nach mehreren Haftaufhalten schon vorher – der weiteren Verfolgung durch Flucht in die Tschechoslowakei, nach der Besetzung des Sudetenlandes 1938 nach England, wo er nach Kriegsbeginn als „feindlicher Ausländer“ interniert wurde. Mit einem Truppentransporte sollte er nach Kanada gebracht werden, doch ein deutsches U-Boot versenkte das Schiff!!

Wir erreichen die katholische Kirche St. Matthias vor dem Winterfeldtplatz, in der der spätere Bischof von Münster, Graf Galen, von 1919 bis 1929 Pfarrer war.

Der Winterfeldtplatz ist ein zentraler Punkt im Kiez, der vor allem für seine Wochenmärkte bekannt ist. Rund herum finden sich mehrere Möglichkeiten zum Schluss etwas zu rasten oder sich wieder anzuwärmen. Für die Rückfahrt empfiehlt sich der U-Bahnhof Nollendorfplatz.

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22.2.18 Berliner Stadtwanderung III. An der Spree nach jwd

Treffpunkt/Start: Bushst. Salvador-Allende-Brücke 10:30. ACHTUNG! Wegen Bauarbeiten auf der Brücke schon eine Station früher „Neuer Weg“ aussteigen !

Anfahrt z.B. Bus 169 oder 269 ab S Köpenick 10:12 bzw.- 10:21 Richt. Müggelschlößchenweg bzw. Alt-Müggelheim (nicht jedoch X-69, hält erst wieder am Krankenhaus!)

Wegstrecke: max. 9 km bei gemütlichem Tempo

Mit mehreren Möglichkeiten zur Pause am Rande!

Rückkehr von Hast. Rahnsdorf Waldschänke bzw. S Rahnsdorf mit Tram bzw. S-Bahn im 20‘(10‘-) Takt!

Preis inkl. Führung 5,-€

Wir treffen uns zu unserer Stadtwanderung auf bzw. an der Salvador-Allende-Brücke, von wo wir sowohl spreeaufwärts als auch spreeabwärts in Richtung Köpenicker Altstadt schauen. Leider ist die Brücke zur Zeit nur beschränkt zugänglich wegen Straßenbauarbeiten. Daher beginnt unsere Wanderung bereits an der vorherigen Bushaltestelle Neuer Weg. Wir passieren die frühere Colonie Hirschgarten, die selbst schon Mal Gegenstand eines Spaziergangs war.

Die Entstehung der Villenkolonie, die auf eine Initiative des Berliner Bankiers Friedrich Wilhelm Albert Hirte zurück ging und deren Ausführung ein Werk des Architekten und Stadtplaners Eduard Tietz war, kann noch einmal rekapituliert werden. Ebenso die Geschichte des Solbades. Aber die Herkunft des Namens der „Colonie“ ist schon eher umstritten. Ursprünglich sollte sie Eschengraben heißen, nach dem untersten kanalisierten Abschnitt der Erpe. Nach der einen Version gab es einen Bankier namens Hirsch, auf den der Name zurück gehen soll, nach der anderen gab es auf dem einstigen „Hirschacker“ (die Wiesen entlang der Spree) ein Gasthaus „Goldener Hirsch“, von dem der Name der entstehenden Siedlung abgeleitet worden sein soll.

Unsere Wanderung führt parallel entlang des Müggelseedamms, wobei wir, dort wo möglich, immer Mal den Kontakt zum Spreeufer suchen möchten, mit Ausnahme des letzten Abschnitts vor Rahnsdorf, um die Strecke abzukürzen. Die noch mit der Colonie Hirschgarten korrespondierende Villa Miether passieren wir. Für den Bankier Carl Miether 1874 entstanden, wurde die große Villa mit Gärten als Kinderferienobjekt der BVB genutzt und steht heute offenbar -provisorisch gesichert – leer.

Wir folgen dem Pfad hinter dem Zaun nach rechts und befinden uns am Spreeufer, genießen den Blick auf den Fluss und die Köpenicker Silhouette, kommen am früheren Strandbad „Kamerun“ vorbei und erreichen – wieder am Müggelseedamm – bald das Wassersportzentrum mit Yachthafen an der Spree. Kurz danach geht es rechts in einen Weg namens „Hahns Mühle“.

Der Köpenicker Ratszimmermeister und Stadtverordnetenvorsteher Wilhelm Hahn betrieb hier an der Müggelspree von 1876 bis 1906 eine Sägemühle, um die herum sich eine weitere kleine Kolonie entwickelte. Dann erwarb der Friedrichshagener Ruderverein von 1892 das Gelände der Schneidemühle, errichtete sein Vereinsheim, heute die gleichnamige Gaststätte „Hahns Mühle“. Auch eine Anlegestelle der Stern- und Kreisschifffahrt war entstanden.

Wieder auf dem Müggelseedamm erreichen wir bald den ältesten Teil der Kolonie Friedrichsgüte, heute Friedrichshagen, 1753 hier von Friedrich dem Großen eingerichtet. Ein Gedenkstein vor dem Bräustübel weist auch darauf hin. Die spätere Brauerei „Bürgerbräu“ steht auf dem Standort des einstigen Lehnschulzengutes. Die weiße Villa oder Bauten im Müggelpark sowie später wieder am Müggelseedamm sind architektonische Kleinode am Weg. Auch auf das Wohnhaus von Wilhelm Bölsches, so etwas wie der Spiritus rector des Friedrichshagener Dichterkreises, wird noch einmal hingewiesen. Eine übergeordnet bedeutsame wissenschaftliche Einrichtung ist das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei. Das Museum im Wasserwerk Friedrichshagen hat leider nur freitags bis sonntags geöffnet.

Hier treffen wir auf eine weitere Besonderheit: in neun Metern Höhe überspannt ein Tau die Straße – das Eichhörnchenseil wird von der „Zielgruppe“ angenommen und seit dessen Einrichtung ist keiner der possierlichen Nager hier mehr überfahren worden.

Wir folgen dann dem Weg am Nordufer des Müggelsees, im Winter gibt es hier geradezu mystische Momente, bis zum Strandbad Müggelsee.

In Rahnsdorf-Mühle schließen wir die Wanderung (mit Rastmöglichkeit im Café oder im Asiatischen Restaurant) ab. Hier finden wir auf der Brücke über das Fredersdorfer Mühlenfließ zwei interessante Aufsteller, die die Geschichte Rahnsdorfs und seiner Mühlen dokumentieren. Vielleicht später noch einmal Gelegenheit noch einmal hierher zurückzukehren.

Die „Waldschänke Rahnsdorf“ – ursprünglich mal geeigneter Endpunkt einer solchen Wanderung – ist seit langem geschlossen und beherbergt gelegentlich einen Verkauf von Bioprodukten….

Je nach Witterung und Kondition könnte man unsere heutige Wanderung aber auch früher abbrechen und zum Beispiel mit der Straßenbahn nach Friedrichshagen zurückfahren, um dort zu rasten.

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17.2.18 IN DIE PAUL-GERHARDT-STADT GRÄFENHAINICHEN AM RANDE DER DÜBERNER HEIDE

Treffpunkt: Berlin Hbf tief 8:10, Fahrt mit RE 5 ab 8:32 (Gl. 4) via Lu. Wittenberg Rückkunft dito an 18:23 wir fahren im zweiten Wagen in Fahrtrichtung vorn

Preis inkl. Fahrkosten (Wochenendticket) ab Treffpunkt am Ausgangsbahnhof, Führung, Begleitung 27,-€ p.P.

 

Eine Nachlese zum Reformationsjahr.

Mit Paul Gerhardt wurde einer der bekanntesten protestantischen Kirchenlieddichter 1607 in Gräfenhainichen geboren. Paul-Gerhardt-Haus und –Kapelle erinnern an ihn, auch die Stadt am Rand der Dübener Heide selbst hat ihren Reiz.

Der Weg durch das Städtchen – einst immerhin Kreisstadt mit dem Kennzeichen GHC- am Rande der Dübener Heide führt von Station zu Station zu Texten des wohl wichtigsten evangelischen Lieddichters Paul Gerhardt. Aber nicht nur er ist dabei Attraktion sondern zumindest Kleinode hat GHC einige zu bieten. So den Wasserturm, eine Schloßruine, Reste der mittelalterlichen Stadtbefestigung mit dem unteren und dem oberen Stadtturm, einem historischen Rathaus, der obligatorischen kursächsischen Postmeilensäule, die Stadtkirche St. Marien, die Gremminer Brücke mit dem Stadtbalkon, von dem wir über den Gremminer See – einem gefluteten Braunkohletagebau mit dem abgebaggerten Dorf hinüber zur Ferropolis schauen, dorthin ist es zu Fuß hin und zurück zu weit, Reisegesellschaften bieten Busfahrten dorthin an oder man fährt im Sommer mit der Dessau-Wörlitzer Eisenbahn dorthin.

Ein Blick in die Geschichte:

Gräfenhainichen wurde 1285 erstmals urkundlich als Lehen des Grafen Albrecht II. von Anhalt erwähnt. Der Ort hieß anfangs zu dem Hayne, dann Gravenalbrechtshayn, woraus schließlich der heutige Name entstand. 1454 wurden die Stadtrechte bestätigt, nachdem alle Urkunden von einem Feuer vernichtet worden waren. 1607 wurde der bedeutendste Sohn der Stadt, der evangelisch-lutherische Pfarrer und Liederdichter Paul Gerhardt, geboren. 1637 erreichten die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges auch Gräfenhainichen, das von schwedischen Truppen fast vollständig zerstört wurde. Der Ort war bis 1815 Hauptort des  kursächsischen Amts Gräfenhainichen.

Durch die Beschlüsse des Wiener Kongresses kam er zu Preußen und wurde 1816 dem Kreis Bitterfeld im Regierungsbezirk Merseburg der Provinz Sachsen zugeteilt.

Nachdem 1859 die Bahnstrecke Wittenberg–Bitterfeld eingeweiht worden war, siedelten sich wegen der verkehrsgünstigen Lage immer mehr Industriebetriebe an. 1874 wurde die erste Druckerei gegründet. Bis 1990 arbeiteten in Gräfenhainichen teilweise bis zu vier Druckereien. Seit 1890 wurde in der Nähe von Gräfenhainichen, zunächst im Tiefbau, später im Tagebau Braunkohle gefördert.

Zu Beginn der Zeit des Nationalsozialismus wurde im Betrieb  Stolzenberg am Bahnübergang Richtung Gröbern durch die SA eines der frühen Konzentrationslagereingerichtet, in denen Mitglieder und Funktionäre der Arbeiterorganisationen terrorisiert wurden. Im August 1933 wurden die Häftlinge in das KZ Lichtenburg überstellt. Während des Zweiten Weltkrieges mussten zahlreiche  Kriegsgefangene sowie Frauen und Männer aus den von Deutschland besetzten Ländern in der Elektrowerke AG und in der Grube Golpa  Zwangsarbeit verrichten.

1952 wurde Gräfenhainichen Kreisstadt des damaligen Kreises Gräfenhainichen im Bezirk Halle für drei Städte und 27 Gemeinden (ab 1982 nur noch 26, da die Gemeinde Gremmin dem Braunkohlenabbau zum Opfer fiel).

Nach dem Ende der DDR, der Auflösung des Bezirkes Halle und der Wiedererrichtung des Landes Sachsen-Anhalt wurde der Kreis Gräfenhainichen bis zum 30. Juni 1994 erhalten. Im Zuge der Kreisgebietsreform 1994 verlor Gräfenhainichen den Status einer Kreisstadt.

 

In der 1844 eingeweihten Paul-Gerhardt-Kapelle wird ausführlich über Leben und Werk des berühmtesten Sohnes der Stadt informiert.

Übrigens wurde auch der Astronom Galle, Entdecker des Neptun, hier geboren.
Abschließend ist eine Rast (fast) in einem alten Schacht vorgesehen.

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13.2.18 WINTERWANDERUNG AM TELTOWKANAL VON DER GLIENICKER BRÜCKE BIS ZUR MACHNOWER SCHLEUSE

Treff: auf dem S Wannsee, ab Ankunft S 7 10:12

Start; Bushst. (zB 316) Glienicker Lake zur Ankunft Bus 316 (hin also noch Tarifbereich Berlin B) 10:38.

Rückfahrt ab Kleinmachnow, Schleusenweg z.B. via S Zehlendorf oder ab Stahnsdorf Waldschänke via S Teltow Stadt (jeweils Tarifbereich Berlin C)

Wegstrecke: max. 9 km

Preis inkl. Führung, Vorbereitung, Begleitung 5,-€

 

Der Teltowkanal wurde auf Initiative des Landrates des Kreises Teltow, Ernst von Stubenrauch, erbaut. Für den westlichen Kanalteil wurde zu großen Teilen das Bett des Bäkefließes, der ehemaligen Telte genutzt, das vom Fichtenberg in Berlin-Steglitz zum Griebnitzsee verlief. Bis auf zwei kleine Teilstücke in Steglitz und im NSG Bäketal Kleinmachnow ist die Bäke vollständig verschwunden. Die Lanke, die Lankwitz den Namen gab und am Birkbusch in die Bäke mündete, diente den Ingenieuren gleichfalls als Bett für den Kanal. Der erste Spatenstich erfolgte am 22. Dezember 1900   in Babelsberg, in Betrieb genommen wurde der Kanal am 2. Juni 1906 durch Kaiser Wilhelm II., der ihn auch als erster mit seiner Yacht Alexandria im Bereich der Kleinmachnower Schleuse befuhr. Die komplette Fertigstellung des Kanals zog sich, wegen bautechnischer Probleme in Lichterfelde, noch einige Monate hin.

Der Kanal beginnt rechtlich am westlichen Ende der Glienicker Lake, von der Potsdamer Havel abzweigend, bei Kilometer −0,55 und führt durch den Griebnitzsee, der zwischen Berlin-Wannsee und Potsdam- Babelsberg liegt und zum Flusssystem der Havel gehört.

Eine heute möglicherweise startende Serie von Wanderungen entlang bzw. auf Spuren des Teltowkanals folgt im Wesentlichen dem Büchlein „Teltowkanal – 80 Stationen & Geschichten“ von Peter Hahn und Jürgen Stich (Oase Verlag 2014).

Wir starten jedoch nicht wie die Autoren am Maschinenhaus  im Park Babelsberg sondern an der Glienicker Lake mit einem Blick auf die berühmte Glienicker Brücke, auf deren wechselvolle Geschichte eine Informationstafel aufmerksam macht. Die Berliner Vorstadt in Potsdam wird sicher auch Mal eine Rolle auf einem Spaziergang spielen. Es geht für uns mit Blick auf die Silhouette Potsdams durch den Park des Jagdschlosses Glienicke. Bei „unseren“ Autoren heißt es in Bezug auf das Jagdschloss „Von Taut versaut“.

Gemeint ist damit der Umbau des vom Ende des 17. Jahrhunderts stammenden Jagdschlosses durch Max Taut zur Jugendbegegnungsstätte Anfang der 1960er Jahre. Kann man sich drüber streiten, hinein kommen wir ohnehin nicht. Die ehemalige „Staatsgrenze“ passieren wir durch eine Pforte. Denn außerhalb des Parks befinden wir uns in der zu Potsdam-Babelsberg gehörenden Siedlung Klein-Glienicke. Hier waren wir schon einmal, auch in der wiederhergestellten Kapelle. Eine traditionsreiche Ausflugsgaststätte wie der „Bürgerhof“ steht inzwischen wieder zur Verfügung, allerdings nicht jetzt im Winter. Wir überqueren den Kanal auf der Parkbrücke. Bei der 200m entfernt liegenden Straßenbrücke, die einst nach Enver Pascha hieß, spielt die deutsch-türkische Geschichte eine Rolle. Der deutsch-deutschen Geschichte folgen wir anschließend natürlich auch weiter, denn wir befinden uns nicht nur auf dem Teltowkanal- sondern auch auf dem Mauerweg. Der Weg führt jetzt entlang historischer Villen, an den Griebnitzsee können  wir nur sporadisch schauen, die Nichtbegehbarkeit des Ufers ist eine typische Potsdamer Nachwendegeschichte. Besonders verbunden ist dieses Viertel bekanntermaßen mit der Potsdamer Konferenz 1945, die Besitzer mußte ihre Villen für Stalin, Churchill/Attlee und Truman räumen, die hier wohnten als sie auf Cecilienhof die Zukunft Deutschlands und Europas verhandelten.
Haus Mösler und die Villa Carl Salzmann sind weitere interessante Objekte.
Es gibt öffentliche Spaziergänge zu allen wichtigen Orten und Persönlichkeiten in der Villenkolonie Neubabelsberg, wir selbst hatten dies Mal als Spaziergang nachvollzogen.

Wir kommen am Regional- und S-Bahnhof vorbei, der in seiner Geschichte drei verschiedene Namen trug. Ehemals Grenzübergangsstelle des Fernverkehrs ist der Bahnhof Griebnitzsee heute vor allem für die Studierenden der Potsdamer Universität von Bedeutung. Die frühere „Ufastadt“ lassen wir hinter uns, vor uns liegt – wieder auf Berliner Gebiet – Kohlhasenbrück. Auf das historische Ausflugslokal „Söhnels Werft“ wird hingewiesen, leider ist dort jetzt nur noch eine „Eventlocation“
Kohlhasenbrück stand schon im 19.Jahrhundert für eine Brücke über die damalige Telte (deren Fußbett für den Teltowkanal her halten mußte). Die Geschichte um „Hans Kohlhas“ selbst dürfte bekannt sein. 1848 führte die Kreischaussee von Stolpe (Wannsee) kommend nach Neuendorf (Babelsberg) hierüber.

Wir unterqueren die Brücken der S-Bahn und früheren Wetzlarer Bahn, ignorieren aber den Abzweig nach Steinstücken und halten uns nach Unterqueren der einstigen Stammbahn Berlin-Potsdam links
Dann geht es entlang einer zu dieser Jahreszeit kaum befahrenen Straße entlang des Teltowkanals vorbei am Landgut Eule nach Albrechts Teerofen. Die kleine Ansiedlung, heute vor allem Standort eines Campingplatzes, geht auf den Wiedeaufbau des Teerofen durch den Pächter Christian Friedrich Albrecht aus Caputh im Jahre 1761 zurück.
Die Nähe der Autobahn ist zu hören – oben befand sich einst die GÜSt Dreilinden.
Dreilinden selbst, auf der gegenüberliegenden Seite des Teltowkanals, kann auch einmal ein Thema sein, auch wenn vom Schloss aus Fontanes Zeiten nichts mehr zu erkennen ist.

Auf einige interessante Objekte am Rande wie der Hans-Altmann-Park, Wilmersdorfer Waldfriedhof und Südwest-Kirchhof Stahnsdorf wird hingewiesen, wir bleiben aber das letzte Stück auf dem „Talauenweg“ am Kanal selbst bis zur Machnower Schleuse. Seit unseren letzten Besuchen hier gibt es etwas Neues: man hat hier eine alte Berliner Straßenbahn der Linie 96 abgestellt. Bis vor kurzem stand die noch in Teltow. Im Unterschied zu anderen Aussagen fuhr hierher tatsächlich eine Straßenbahn aus Berlin, die Berliner Linie 96 nach Teltow wurde nämlich als 100 bis zur Machnower Schleuse. Die Geschichte der Teltower Kreisbahnen und deren Fusion mit der Großen Berliner Straßenbahn ist durchaus auch noch mal wert zu erzählen…

Eine abschließende Rast bietet sich beim nahegelegenen Griechen an, (die Gaststätte an der Schleuse selbst hat wohl ebenso geschlossen wie die Stahnsdorfer Waldschänke seit kurzem für immer geschlossen ist) bevor es verschiedene Varianten der Heimfahrt gibt.

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8.2.18 Brandenburg – Kirchmöser

Treff: ab 8:35 auf dem Bf. Ostkreuz (bei kaltem Wetter in der oberen Halle vor Abgang warten), Fahrt im 2. Wagen von vorn– Abfahrt RE 1, Gleis 2 8:54 Ri. Magdeburg, Fahrt im 2, Wagen von vorn. Rückkunft zB.17:07

Wegstrecke ca. 8 – 9 km mit Pausen

Preis 15,-€, inkl. Führung, Vorbereitung, Begleitung, Fahrkosten ab Bln-Alexanderplatz, „65plus“Ticket-Nutzer/innen zahlen 7,-€

Achtung! Brb-Ticket gilt erst ab 9 Uhr, also ab Berlin-Alexanderplatz, also bitte auf gültiges Ticket Berlin AB zur Anreise achten!

‚Vor etwas über 100 Jahren war Kirchmöser noch ein abgelegenes Dorf im Jerichower Land. Dann wurde der Krieg zum „Motor der Entwicklung“ des Ortes, schließlich als Stadtteil der Industriestadt Brandenburg (Havel). Man kann sagen in Kirchmnöser spiegelt sich die deutsche Geschichte der letzten hundert Jahre: Pulverfabrik, Eisenbahnwerk, Panzerwerk, RAW, Walzwerk, Weichenwerk, Klinik, aber auch Naherholung ….

Kirchmöser ist eine interessante Symbiose von Natur an fünf umgebenden Seen, einem alten Dorf mit beiliegendem Rittersitz, der Geschichte der Industrialisierung, der Eisenbahn und der Rüstungsindustrie des 19. und 20. Jahrhunderts, mehreren dazu gehörenden interessanten Wohnanlagen….

Unser Weg führt zunächst ins frühere Dorf Kirchmöser (ehemals Möser) mit wahrscheinlich einer kurzen Besichtigung der Dorfkirche mit einer originalen Ausstattung u.a. mit der Patronatsloge von 1716, entlang des Möserschen Sees (eigentlich eine Bucht des Breitlings), nach Kirchmöser-Ost unter anderem zum Wustrauer Anger. Ein besonders markantes Gebäude ist – bevor wir den Anger erreichen – der sogenannte Rundbau. Auf die Kriegsgräberstätte auf dem Friedhof Kirchmöser-Ost am Weinberg wird hingewiesen, möglicherweise geht es aber auch entlang des Plauer Sees und dann entlang des Bahntechnikerrings zum Pumpenhaus bis in Höhe des bekannten Wasserturms.

Es geht zum Badehaus und Bunker, von weitem erhalten wir einen Einblick in die Dimension der früheren königlichen Pulverfabrik, auch hier in Kirchmöser-West treffen wir wieder auf interessante Wohnsiedlungen, unter anderem wurden Zwangsarbeiterbaracken zu Seniorenwohnungen umgebaut….

Fast am Ende der Wanderung treffen wir auf eine abgestellte Dampflok. Möglicherweise kann man sich in der Kantine stärken.

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5.2.18 Die „rauchlose Siedlung“ in Steglitz oder: Wer war eigentlich „Onkel Emil“?

Treff: 10:30 auf dem S-Bahnhof Südende (S 2; S 26)

Dauer ca. 2 Std.

Preis inkl. Führung 5,-€

 

Heute geht es rund um eine für die damalige einmalige Siedlungsanlage zwischen Steglitzer Damm, Immenweg und Munsterdamm – die 1931/32 entstandene „rauchlose Siedlung“.

Erstmals gab es hier keine Schornsteine, nicht einmal aus Zentralheizungen, sondern den Anschluss an ein Fernwärmenetz.

Auch die sog. Zwischenbauten oder Verbindungsbauten am Immenweg gehörten zum städtebaulich interessanten Konzept.

Die inzwischen fast berühmt berüchtigte „Deutsche Wohnen“ schreibt Eigentumswohnungen im Leerstand (2 bis 3 – Zimmer-Wohnungen zwischen 56 – 67 m² für 2.200 bis 2.800 € je m²) aus. Man schreibt: Es handelt sich bei dieser Wohnanlage um Berlins erster „“Rauchlosen Siedlung““, diese wurde zwischen 1930 und 1934 in 4-geschossiger Bauweise errichtet. Ihren Namen erhielt die Siedlung durch den Anschluss an ein Fernheizwerk. Als gelungenes Architekturbeispiel der Neuen Sachlichkeit Ende der 20er Jahre steht das Wohnensemble heute unter Denkmalschutz.

Der eigentliche Kern der denkmalgeschützten Anlage entstand 1930-31 nach Entwürfen von Paul Mebes & Paul Emmerich (die meist in Büroeinheit wirkten) sowie Heinrich Straumer.

Wir beginnen unseren Rundgang auf dem S-Bahnhof Südende.

Südende als Villenkolonie ging überwiegend bei einem groißen Bombenangriff im Jahre 1943 unter. Nur noch wenige einzelne Gebäude blieben erhalten, zum Beispiel kommen wir an der Villa vorbei, in dem sich heute die Steglitzer Musikschule befindet.

Wir erreichen die ersten Zeilenbauten der „rauchlosen Siedlung“ am Kottesteig. Gegenüber den „Rauhen Bergen“ erreichen wir die Straßenbauten am Munsterdamm, dann gelangen wir wieder zum Steglitzer Damm und zum Immenweg, am Oberstufenzentrum für Mediengestaltung erreichen wir die Kleingartenanlage Schutzverband.

Folgende Zeilen stammen von der Website des Vereins selbst

 

An Straßen und Bauten vorbei

das triste städtische Einerlei

da seh‘ ich eine grüne Oase

geschmückt wie eine bunte Vase

mit Bäumen und Rasen und vielen Blumen

nicht erwartet so ein großes Volumen

für jeden geöffnet ohne Kosten

wird mancher eingeladen zum Verkosten

die Kolonie Schutzverband mein Idol

hier bin ich heimisch, hier fühl ich mich wohl

 

Vom weiten erkennen wir den alten Steglitzer Wasserturm, der 1916-19 auf dem Friedhof an der Bergstraße entstand, dem wir vor nicht allzu langer Zeit einen Besuch abgestattet haben.

Auf dem Friedhof war uns auch das Grab von Leo Borchard, der gleich noch eine Rolle spielen wird.

Ausgangs der KGA gelangen wir in die Walsroder Straße, hier setzt sich die rauchlose Siedlung, wenn auch nicht mehr einheitlich erhalten und damit nicht unter einheitlichem Denkmalschutz stehend, fort. Die Reihenhäuser, die von der Walsroder Straße abgehen, liegen am Hünensteig und grenzen mit ihrer Stirnseite direkt an den Steglitzer Friedhof. Man kann sich gut vorstellen, wie der russische Komponist Leo Borchard während der Nazizeit im Schutze des Friedhofs leise die Tür der Nummer sechs geöffnet hat, um die Mitstreiter seiner Widerstandsgruppe „Onkel Emil“ hereinzulassen.

„Die Siedlung war die erste in Deutschland, die über eine Zentralheizung sowie fließend warmes Wasser verfügte“, berichtet Wolfgang Holtz, „das war damals eine echte Sensation!“ , der ehemalige Museumsleiter des Heimatvereins Steglitz – Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/15085636 ©2018.

Weil man zwischen Bismarckstraße und Munsterdamm vergeblich nach den von Brennholz rauchenden Schornsteinen suchte, bekam die Siedlung ihren ungewöhnlichen Namen. „Die Wohnungen in der rauchlosen Siedlung verfügten meist nur über zwei oder zweieinhalb Zimmer und waren daher nur für wenige Personen geeignet“, berichtet Holtz. „Aber da sie von der gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft Heimat, der späteren Gehag, erbaut wurden und deshalb vergleichsweise günstig waren, zogen nach dem Krieg auch Flüchtlinge mit großen Familien dort ein.“ Heute sind viele Wohnungen privatisiert und stehen teilweise zur Miete frei. Ohne Nebenkosten bezahlt man um die 320 Euro für eine Zweizimmerwohnung mit 55 bis 60 Quadratmetern Wohnfläche. Das dürfte nun wohl auch der Vergangenheit angehören!

Damals waren diese lichtdurchfluteten Mietwohnungen echte kleine Perlen“, sagt Holtz. Heute muten die Reihenhäuser in ihrem einheitlichen Grau nicht mehr ganz so einladend an. Aber der Friedhof mit seinem imposanten Wasserturm, den vielen alten Bäumen und bewachsenen Grabstätten macht aus den einfachen Mietshäusern eine besondere Siedlung, die über einen eigenen „Park“ in der direkten Nachbarschaft verfügt.

Und wer war oder was war nun „Onkel Emil“?

Eine Berliner Widerstandsgruppe im Dritten Reich. Laut wikipedia/Weiße Rose-Stiftung war sie nicht ideologisch, sondern humanitär motiviert und bestand vorwiegend aus Journalisten, Ärzten und anderen Intellektuellen.

Die Gruppe fand sich im Winter 1938 um die Journalistin Ruth Andreas-Friedrich und den Dirigenten Leo Borchard zusammen. Zur Stammgruppe gehörten laut Tätigkeitsbericht der Gruppe weiterhin die Tochter Karin Friedrich, der Schriftsteller Fred Denger, der Arzt Josef Schunk und der Facharzt Walter Seitz. Es gab eine Anzahl weiterer aktiver Mitarbeiter.

Sie wurde nach ihrem Warnruf benannt und half in einer Art privatem Netzwerk unter hohem persönlichen Risiko verfolgten Juden mit Verstecken, Verpflegung und Papieren. Außerdem unterstützte sie die Familien politisch Verfolgter und verbreitete Flugblätter der „Weißen Rose“.

Die Gruppenmitglieder Ruth Andreas-Friedrich und Karin Friedrich wurden mit der Yad Vashem-Medaille als „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet.

Eine Gedenktafel befindet sich am ehemaligen Wohnhaus der Gründerin in Steglitz, Hünensteig 6. 2012 veröffentlichte die Weiße Rose Stiftung eine umfangreiche Ausstellung zur Widerstandsgruppe Onkel Emil.

In einem Café an der Ecke Steglitzer Damm/Worpsweder Straße bietet sich eine abschließende Rast an.

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1.2.18 WRIEZEN – DIE „HAUPTSTADT“ DES ODERBRUCHS

Treffpunkt Bf Lichtenberg 9:15, Abfahrt mit RE 3 Richt Schwedt 9:33 von Gleis 17.
Preis 16,- inkl. Fahrgeld, Führung – für 65plus-Nutzer/*innen 8,- (Bitte vorher bekannt geben, damit ich rechtzeitig Bln-Brb-Ticket/s lösen kann!
Rückkehr vorgesehen an 17:24!

Theodor Fontane schrieb einst über Wriezen: In den Jahren 1693, 1701 und 1715 gab es bei Wriezen der Hechte so viele, daß man sie mit Händen greifen konnte. Die Folge davon war, daß eine eigene Zunft der Hechtreißer existierte. An den Markttagen fanden sich Hunderte von Kähnen in Wriezen ein und verkauften ihren Vorrat an Fischen an die dort versammelten Handler….“ Die Zeiten sind längst vorbei, die Oder wurde reguliert, das Oderbruch trocken gelegt, die alte Oder gibt es noch als ein kleines Fließ und auch eine Örtlichkeit namens Alter Hafen, der letzte Punkt bevor wir uns am Donnerstag wieder nach Hause bewegen. An die jetzt etwa 10 km erinnern immer Mal wieder Bedrohungen durch Hochwasserkatastrophen wie die von 1947 und beinahe von 1997, die sich ins Gedächtnis von Wriezen und Umgebung eingegraben haben, ebenso wie die der letzten Kriegs- und ersten Friedenswochen 1945. Von dem gibt es allerlei auf unserer interessanten Stadtexkursion am kommenden Donnerstag, den 1. Februar zu erfahren. Ein besonderer Höhepunkt wird eine Besichtigung eines der am besten erhaltenen jüdischen Friedhöfe Brandenburgs sein. Wriezen hatte sich im 18./19. Jahrhundert zu einem bedeutenden jüdischen Handelszentrum im östlichen Barnim, am Übergang zur Neumark entwickelt und daher zeitweise eine bedeutende jüdische Gemeinde.
Männliche Besucher d ü r f e n den Friedhof nur mit einer Kopfbedeckung betreten

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